In den 50er- und 60er-Jahren lockte die Bundesrepublik Zehntausende Arbeitskräfte aus Südeuropa ins Land. Die „Gastarbeiter“, wie sie damals hießen, sollten die Jobs erledigen, zu denen die deutschen Wirtschaftswunderkinder keine Lust mehr hatten: im Bergbau, am Fließband bei Ford und VW, bei der Müllabfuhr. Jetzt wirbt Deutschland wieder im Süden um Arbeitskräfte – doch diesmal sind die Vorzeichen anders.
In Deutschland, das als letzte große Volkswirtschaft in Europa (noch) der Krise trotzt, herrscht Mangel an Fachkräften. Und in Krisenländern wie Spanien stehen viele Studienabsolventen ohne Job da – trotz guter Ausbildung. Sogar das deutsche Ausbildungssystem will Bildungsministerin Schavan nach Spanien exportieren.
Lockrufe sind in Ordnung, aber es mangelt an Feingefühl
Gegen die Lockrufe ist, zumal in Zeiten der Globalisierung, nichts einzuwenden. Job-Wechsel über Grenzen hinweg sind längst normal und erwünscht. Zu wünschen ist aber auch, dass die deutsche Seite die Aktion mit mehr Feingefühl angeht als dies bei den Anwerbungen vor 50 und 60 Jahren der Fall war. Denn in so manchem Euro-Partnerland ist man schon heute mächtig sauer auf „die Deutschen“, die gelegentlich oberlehrerhaft ihre Ratschläge verteilen. Wenn die Anwerbung hochqualifizierter junger Leute nun so rüber käme wie ein Beutezug auf dem Arbeitsmarkt, hätte dies verheerende Folgen fürs politische Klima in Europa. Deshalb: Sensibel vorgehen! Auch wenn’s schwerfällt.