Berlin. Ausländische Ärzte dürfen nicht in Syrien arbeiten - obwohl sie sich um Genehmigungen bemüht hätten. Das teilte die Organisation Ärzte ohne Grenzen mit. In Syrien berichten Ärzte von Morddrohungen. Ärzte und Patienten dürften nicht angegriffen werden, das sei ein Grundprinzip des Völkerrechts. Auch in Syrien.

Ausländische Ärzte dürfen noch immer keine medizinische Hilfe in Syrien leisten. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen habe
trotz monatelanger Bemühungen keine Genehmigung bekommen, im Land zu arbeiten,
sagte ihr Vorstandsvorsitzender Tankred Stöbe bei der Vorstellung des
Jahresberichts 2011 am Donnerstag in Berlin. Derzeit behandle die Vereinigung
syrische Flüchtlinge in einem Krankenhaus in der jordanischen Hauptstadt
Amman.

Auch in Ostafrika sei die Situation kritisch. In Südsudan und Somalia
würden noch immer Tausende Menschen von Hunger und Gewalt bedroht. Die
Flüchtlingslager in der Region sind überfüllt, weitere Zuströme reißen nicht
ab.

Im Frühjahr waren zwei Mitarbeiter der Hilfsorganisation nach Syrien gereist. Dort hätten ihnen syrische Ärzte von
Morddrohungen gegen medizinisches Personal berichtet, sagte Stöbe. Er forderte
die Konfliktparteien dazu auf sicherstellen, dass Ärzte und Patienten nicht
angegriffen würden. Das sei ein Grundprinzip des internationalen Völkerrechts,
das auch in Syrien gewährleistet werden müsse,
sagte Stöbe.

Kindersterblichkeit im Südsudan weltweit am Höchsten

Im Südsudan hat sich auch ein Jahr nach der Loslösung vom Norden die
humanitäre Lage offenbar nicht verbessert. In weiten Teilen des Landes kämpften
die Menschen ums nackte Überleben, sagte der Geschäftsführer von Ärzte ohne
Grenzen, Frank Dörner. Fast drei Viertel hätten keinen Zugang zu einfacher
medizinischer Versorgung, die Mütter- und Kindersterblichkeit sei weltweit die
höchste.

Zudem sind immer noch Tausende Menschen auf der Flucht vor
gewalttätigen Auseinandersetzungen. In den vergangenen Monaten seien alleine
rund 120.000 Menschen aus dem Sudan nach Maban im Nordosten des Südsudans
geflohen, sagte Dörner. Das seien Tausende Flüchtlinge am Tag und es würden
weiterhin mehr.

Lebensbedingungen in Flüchtlingslagern alarmierend

Die anhaltenden Flüchtlingsströme erschweren insbesondere die Lage in
den provisorischen Unterkünften. Länger bestehende Flüchtlingslager seien völlig
überfüllt und es gebe nicht ausreichend Wasser, sagte Dörner. So leben im Lager
Yida, wenige Kilometer vom Sudan entfernt, rund 60.000 Menschen. Die
Lebensbedingungen in den Flüchtlingslagern seien alarmierend, beklagte
Dörner.

Ähnlich beurteilt seine Organisation die Situation in Somalia. Dort
seien in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres Hunderttausende Menschen in
die Hauptstadt Mogadischu oder die angrenzenden Länder Kenia und Äthiopien
geflüchtet, teilten die Ärzte ohne Grenzen mit. Das Ausmaß der Not in dem Land
sei unvorstellbar, sagte Vorstand Stöbe, der im vergangenen Jahr selbst in
Somalia unterwegs war. So etwas habe er in all den Jahren noch nicht
gesehen.

Unterdessen verbuchten die Ärzte ohne Grenzen im vergangenen Jahr
einen Rekord bei den Ausgaben für internationale Hilfsprojekte. Mit insgesamt
78,1 Millionen Euro konnte der deutsche Ableger der Organisation so viel Geld
bereitstellen wie nie zuvor, sagte Stöbe. Der größte Anteil davon ging mit 10,5
Millionen nach Haiti, gefolgt von Somalia mit 8,9 Millionen und der
demokratischen Republik Kongo mit 7,3 Millionen. Insgesamt fördern die Ärzte
ohne Grenzen aktuell Hilfsprojekte in 46 Ländern weltweit. (dapd)