Kairo. . Nach der Parlamentswahl in Libyen zeichnet sich ein gutes Abschneiden des liberalen Bündnisses Allianz der Nationalen Kräfte ab. Das Bündnis liege in den meisten Wahlbezirken vorne, hieß es. Die Bürger feierten die erste freie Parlamentswahl mit Autokorsos. Es gab nur wenige Zwischenfälle.

Anders als bei den ersten demokratischen Wahlen in Tunesien und Ägypten, zeichnet sich in Libyen bei der Parlamentswahl offenbar ein Vorsprung für liberale und säkulare Kräfte ab.

„Wir liegen in den meisten Stimmbezirken vorne“, erklärte ein Sprecher der „Allianz der Nationalen Kräfte“, einem Bündnis von rund 40 liberalen Kleinparteien, das vom ehemaligen Übergangspremier Mahmud Jibril angeführt wird. Für Tripolis und Benghazi, wo die meisten Libyer wohnen, wurde dieser Trend auch vom islamistischen Lager bestätigt.

60 Prozent Wahlbeteiligung

Die „Partei für Gerechtigkeit und Aufbau“ der Muslimbruderschaft liegt nach eigenen Angaben in beiden Städten mit einigem Rückstand auf Platz zwei. Nur in Misrata habe man die Nase vorn, im Süden des Landes gäbe es ein Kopf-an-Kopf Rennen, so ein Sprecher.

Rund 60 Prozent der 2,8 Millionen registrierten Wähler hatten am Samstag bei der ersten demokratischen Wahl in der Geschichte Libyens ihre Stimme abgegeben. Von den 200 Mandaten in der neuen Volksvertretung sind allerdings nur 80 für Parteilisten reserviert, 120 dagegen für Einzelkandidaten. Nur wenige dieser Bewerber hatten sich im Wahlkampf offen als Verbündete bestimmter Parteien bekannt. Die meisten jedoch traten mit einer wolkigen islamischen Agenda an, ohne sich politisch näher festzulegen.

Festliche Atmosphäre

Abgesehen von einigen Zwischenfällen im Osten und Süden des Landes verlief der Wahltag weitgehend ruhig und in einer gelösten, festlichen Atmosphäre. Nachdem die Wahllokale geschlossen hatten, kreisten in Tripolis, Benghazi und Misrata junge Leute die ganze Nacht in hupenden Autokorsos durch die Straßen, um die erste demokratische Wahl ihres Lebens zu feiern.

Nach Angaben der Hohen Wahlkommission konnten nur 24 der 1554 Wahllokale nicht arbeiten, unter anderem in den Oase Kufra im Süden, wo zuletzt über 50 Menschen bei Zusammenstößen zwischen arabischen und afrikanischen Bewohnern gestorben waren.

Übergangsregierung

Die neue Volksvertretung wird nach dem Beispiel Tunesiens zunächst einen Übergangpräsidenten wählen sowie einen Premierminister samt Übergangskabinett, was den bisherigen Provisorischen Nationalrat (NTC) ablöst. Unklar ist jedoch, ob aus ihren Reihen auch die 60-köpfige Verfassungsgebende Versammlung nominiert wird, die innerhalb von vier Monaten ein Grundgesetz für das ölreiche nordafrikanische Land ausarbeiten soll. Im Wahlkampf gingen alle Kandidaten fest davon aus, dass dies ebenfalls zum Mandat des neuen Parlaments gehören wird.

Zwei Tage vor dem Urnengang jedoch dekretierte der noch amtierende NTC, die Verfassungsgebende Versammlung werde nicht aus den Reihen der 200 Abgeordneten hervorgehen, sondern in einer zusätzlichen Abstimmung vom Volk gewählt werden.