Essen. . In der Rekordzeit von sieben Monaten haben Christian Fuchs und John Goetz das erste Buch über die rechten Terroristen geschrieben. „Die Zelle“ erzählt, wie Uwe Böhnhardt die Mutter von Beate Zschäpe mit seinen akkurat geputzten Springerstiefeln beeindruckte. Und fragt nach der Verantwortung der Politik.
Es gab eine Zeit, da waren die Mörder noch keine Mörder, sondern normale Jugendliche, die einander in den Wohnungen ihrer Eltern besuchten. Normal zumindest im Sinne dessen, was man Anfang der Neunziger in den Jenaer Vorstädten Winzerla und Lobeda normal finden konnte. Als Beate Zschäpe ihren Freund Uwe Bönhardt mit nach Hause brachte, da hatte ihre Mutter jedenfalls keine Einwände: „Er machte auf mich immer einen sehr ordentlichen Eindruck“, erzählt sie. „Er trank kaum Alkohol und achtete darauf, dass seine Springerstiefel stets geputzt waren.“
Womit wir beim Hauptgrund dafür wären, „Die Zelle“ zu lesen, das erste Buch über den „NSU“. Nur sieben Monate nach dem Ende der Terrorzelle rekonstruiert es akribisch nicht nur die Taten des Trios sondern auch seine Anfänge.
Sie wurden radikal, als die Ausländerheime brannten
Zumeist gehen die Autoren beschreibend vor, aber in einem Punkt werden sie analytisch: Der spätere Terror, so schreiben sie, sei eine Folge der ersten Krise der wiedervereinigten Republik. Als die Ausländerheime brannten und „Scheinasylant“ zum geläufigen Begriff der politischen Diskussion wurde.
„Die Zelle“ ist nur ein Zwischenstand, denn was wir wissen, ist wenig. Auch wird jeder, der mit dem Buch arbeiten will, Fußnoten und ein Register vermissen. Trotzdem kann man es wirklich empfehlen.
Christian Fuchs, John Goetz: Die Zelle. Rechter Terror in Deutschland. Rowohlt, 265 Seiten, 14,95 Euro