Berlin.. Am Mittwoch kommt Bundeskanzlerin Angela Merkel zum zweiten Mal mit Vertretern der Oppositionsparteien zusammen, um die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag für den Fiskalpakt und den ständigen europäischen Rettungsschirm (ESM) abzusichern. Während die Regierung den Druck auf die Opposition erhöhte, endlich einzulenken, formiert sich in der SPD Widerstand.
Euro-Bonds und Fiskalpakt zum Nulltarif: Vor den für Mittwoch geplanten Verhandlungen über Fiskalpakt und Börsensteuer erhöhen Regierung und Opposition erst einmal ihre Forderungen. Politiker von Union und FDP mahnten SPD und Grüne unter Verweis auf Deutschlands Ansehen zum Einlenken, die Grünen forderten Ausgabenprogramme. Auf dem linken SPD-Flügel formierte sich Widerstand gegen die Verhandlungslinie der Parteiführung.
Die Regierung will den Fiskalpakt noch im Juni verabschieden. Weil dafür aber Zwei-Drittel-Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat nötig sind, braucht sie die Unterstützung der Opposition. Die fordert für ihre Zustimmung eine Steuer auf Börsengeschäfte.
Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder zweifelt derweil an einer Einigung noch am Mittwoch. "Ich glaube, dass wir heute zwar ein gutes Gespräch haben werden, dass wir uns vielleicht bei dem einen oder anderen Punkt ganz nahe kommen werden, aber ich rechne tatsächlich nicht damit, dass wir zu einem Abschluss kommen", sagte der CDU-Politiker am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin". Er hoffe aber auf eine Verständigung in absehbarer Zeit.
Grüne wollen nicht nur sparen
Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“, sie sei zuversichtlich, dass sich die Opposition ihrer Verantwortung bewusst ist. „Deutschland ist Vorreiter bei Stabilität und Wachstum – das muss nun auch als Signal von Deutschland aus nach Europa ausgehen“, sagte Hasselfeldt.
Die Grünen forderten einen gemeinsamen Altschuldentilgungsfonds der Euro-Staaten. Das könne den Zinsdruck auf einige Staaten mindern, sagte die Bundestagsfraktionsvorsitzende Renate Künast dem Blatt. Zudem sei der Krise nicht allein durch Sparen beizukommen. Gebraucht werde ein ökologisch-soziales Investitionspaket.
SPD-Linke machen mobil
Ein Kompromiss mit der Koalition könnte die SPD-Führung parteiintern in Schwierigkeiten bringen. Die Sprecherin der Demokratischen Linken in der SPD, Hilde Mattheis, forderte ihre Partei auf, die Bedingungen für eine Zustimmung zum Fiskalpakt „deutlich nachzuschärfen“. Die vom Parteivorstand genannten Bedingungen für eine Zustimmung zum Fiskalpakt seien sehr breit und weich formuliert, sagte sie der „Berliner Zeitung“.
Der Juso-Vorsitzende Sascha Vogt sagte, eine Finanztransaktionssteuer reiche nicht aus. Neben einem Konjunkturprogramm müssten „verbindliche Schritte für eine gemeinsame Einnahmepolitik“ der EU verhandelt werden. „Dazu gehören Mindeststeuersätze für Unternehmen und Vermögen sowie Eurobonds“, sagte er.
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA), Klaus Barthel, sagte der Zeitung zum Fiskalpakt: „So wie das jetzt vorgesehen ist, kann man dem nicht zustimmen.“
Steuerzahlerbund auf Regierungskurs
Der Bund der Steuerzahler schlug sich auf die Seite der Regierung. Vizepräsident Reiner Holznagel forderte die Opposition in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ auf, den Pakt uneingeschränkt zu unterstützen. Wachstumselemente bedeuteten mehr Staatsschulden. Mit einer Finanztransaktionssteuer würden nicht die Finanzmärkte zur Kasse gebeten, sondern der Steuerzahler.
Die Linkspartei plädierte dafür, die Börsensteuer von den Fiskalpaktverhandlungen abzukoppeln. „Für die Börsensteuer gibt es eine Allparteienmehrheit“, sagte die Parteivorsitzende Katja Kipping der „Passauer Neuen Presse“. Diese dürfe nicht zerredet werden.
Neun Länder müssen mitziehen
Die EU-Kommission hält diese Steuer nach einem Bericht der „Süddeutsche Zeitung“ noch in diesem Jahr für möglich. Wenn mindestens neun Länder bis Juli einen Antrag stellten, wäre es möglich, die Einführung der Steuer Ende 2012 zu beschließen, berichtete das Blatt unter Berufung auf das Umfeld von Steuerkommissar Algirdas Semeta. Erhoben werden könnte sie aber erst Anfang 2014, da umfangreiche Vorarbeiten nötig wären.
Die Koalition hatte zugesagt, sich für die Einführung einer Börsensteuer einzusetzen, später aber deutlich gemacht, dass sie dies vor der Bundestagswahl kaum für möglich hält, weil es einige Zeit dauern werde, um sie mit anderen EU-Staaten durchzusetzen.