Berlin. . Die westlichen Staaten wissen nicht, wie sie auf die Gewalt-Spirale in Syrien reagieren sollen. Die Bundesregierung will sich militärisch aus dem Konflikt raushalten. Großbritannien und Frankreich schließen einen Waffengang nicht aus. Aber alle haben Angst vor einem Flächenbrand im Nahen Osten.

Der Friedensplan für Syrien ist offensichtlich gescheitert. Der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder meint, „dass eine militärische Option nicht ausgeschlossen werden darf“. Für die Bundesregierung ist dies keine Option. Ein Überblick über die Debatte und denkbare Optionen.

Ist Mißfelder isoliert?

International keineswegs, daheim schon eher. Regierung wie Opposition scheuen die Risiken. Der britische Außenminister William Hague und Frankreichs Präsident François Hollande schließen eine Operation in Syrien nicht aus.

Muss man mit Krieg drohen, damit die Druckkulisse glaubwürdig wirkt?

Wenn die Vereinten Nationen jetzt nicht handeln, würden sie „als Weltpolizei nicht mehr ernst genommen“, meint CDU-Mann Mißfelder. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) fordert, die Sanktionen zu verschärfen. Längst haben aber die USA und die EU 14 verschiedene Sanktionen verhängt. Jetzt hofft Westerwelle, dass sich die Uno anschließt und dass weltweit Konten eingefroren, Waffenembargos beschlossen und Reisebeschränkungen erlassen werden. Das sind nur Signale.

Wie könnte man Präsident Baschar al-Assad zu einer Lösung bewegen?

Eine Möglichkeit wären Neuwahlen, denen sich Assad nicht mehr stellen würde. Das setzt voraus, dass man seiner Familie Asyl gibt. So ging man schon im Jemen und Sudan vor, um ein größeres Blutvergießen zu verhindern. Das Problem ist, dass man es nicht mit einem Machthaber zu tun hat, sondern mit einer Herrscherfamilie. Assads Schwester und sein Schwager gelten als Scharfmacher. Nach einer Wahl müsste eine Übergangsregierung gebildet werden. Im Land gibt es 200 Oppositionsgruppen. An Assads Baath-Partei käme man auch nicht vorbei.

In Libyen war ein Militärschlag möglich, warum denn nicht auch in Syrien?

Das ist die Logik der syrischen Kämpfer und Menschenrechtsaktivisten oder von Intellektuellen wie dem französischen Philosophen Bernard-Henri Lévi. Wird Frankreich für Hula und Homs das tun, was es für Bengasi und Misrata getan hat? Die Lage ähnele allmählich der Gewalt, die in den 1990er Jahren Bosnien erfasst habe, so der britische Außenminister Hague.

Ist der Bosnien-Vergleich ein Fingerzeig?

Die Macht der Bilder von Massakern kann eine Wucht entfalten und die öffentliche Meinung drehen, heute wie damals. Für Militäreinsätze bräuchte man ein UN-Mandat - Russen und Chinesen legen sich quer, ferner ein Militärbündnis und eine Strategie. Luftschläge würden kaum reichen. Es liefe auf einen Bodenkrieg hinaus. Die Risiken: Viele Verluste, der Iran würde Assad zur Hilfe eilen. Ein Flächenbrand wäre womöglich die Folge, der auf die Türkei, Libanon, Jordanien und nicht zuletzt auf Israel übergreifen könnte.

Würde Deutschland mitkämpfen?

Verteidigungsminister Thomas de Maizière reagiert unwirsch. „Ich finde es schwer erträglich, dass irgendwelche Kaffeehaus-Intellektuellen in der Welt den Einsatz von Soldaten fordern“, sagte er der „taz“. Deutschland würde sich wie in Libyen zurückhalten.

Wie lautet de Maiziéres Alternative?

Es könne sein, „dass wir im wörtlichen Sinne macht-los zuschauen müssen“. Der schlimmste Fall: Ein Bürgerkrieg, am Ende ein instabiler Staat, also somalische Verhältnisse. Die Logik des Scheiterns ist trostlos: Je länger sich ein Friedensplan verzögert, desto mehr Opfer. Und je mehr Opfer, desto unwahrscheinlicher wird eine Lösung. Genau darauf stimmt de Maizière die Öffentlichkeit ein. Aufrüttelnd ehrlich.