Düsseldorf. Die Koalitionsverhandlungen von SPD und Grünen in NRW gehen in die Verlängerung: Statt wie bisher geplant am Montag sollen die Gespräche nun einen Tag später, am Dienstag, abgeschlossen werden. In vielen Bereichen sind sich die Parteien anscheinend aber trotzdem schon einig.

SPD und Grüne in Nordrhein-Westfalen können ihren engen Zeitplan für die Koalitionsverhandlungen nicht halten. Ein für kommenden Montag angesetztes abschließendes Treffen in großer Runde wird auf Dienstag verschoben. Bis dahin sollen Streitthemen zwischen den beiden Seiten im kleinen Kreis gelöst werden. Zwar erzielten die Parteien in einzelnen Bereichen schon Einigkeit. Konkrete Ergebnisse wollten die beiden Verhandlungsführerinnen Hannelore Kraft (SPD) und Sylvia Löhrmann (Grüne) nach dem dritten gemeinsamen Treffen am Mittwoch allerdings nicht präsentieren.

Nach rund fünf Stunden war am Mittwoch die dritte Auflage der Koalitionsgespräche in großer Runde zu Ende gegangen. Es sei "sehr viel intensiver und detaillierter" beraten worden als in den Sitzungen zuvor, sagte Löhrmann. Mehrere Fachgruppen wie etwa Inneres, Justiz, Jugend und Demografie hätten ihre Texte für den Koalitionsvertrag bereits im Detail abgestimmt. Ergebnisse gebe es dennoch nicht, "weil alles unter einem Finanzierungsvorbehalt steht", sagte die Grünen-Politikerin. "Wir werden nicht viel versprechen, aber das, was wir versprechen, wollen wir halten", ergänzte Kraft.

Lösungen im Beichtstuhlverfahren

In den bislang schon strittigen Bereichen gibt es weiter Diskussionsbedarf. Dazu zählen Finanzen, Arbeit, Energie, Umwelt, Bildung und Wirtschaft. Bis Montag sollen die jeweiligen Arbeitsgruppen noch im sogenannten Beichtstuhlverfahren nach Lösungen suchen. "Das bedeutet, dass die Fachleute aus den Arbeitsgruppen sich einer Kommission stellen müssen mit ihren Vorschlägen, die noch strittig sind", sagte Kraft. Diese Gespräche sollen Montagnachmittag beginnen und notfalls bis in die Nachtstunden dauern. Die vereinbarten Lösungen sollen der großen Koalitionsrunde am Dienstag zur Endabstimmung vorgelegt und anschließend der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Das Beichtstuhlverfahren kam bereits in den Koalitionsverhandlungen vor zwei Jahren zum Einsatz. In den Gesprächen sitzen auf der einen Seite jeweils zwei Fachleute aus den Arbeitsgruppen. Sie tragen ihre Kompromisse jeweils vier Vertretern von SPD und Grünen vor. Unter dem Vorsitz von Kraft und Löhrmann wird dann ein gemeinsamer Weg für den Koalitionsvertrag gefunden.

Unklar sind auch weiterhin der künftige Zuschnitt der Ministerien und die personelle Besetzung des Kabinetts. Ob es tatsächlich zu der erwarteten Aufspaltung des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr kommt, soll erst am Ende entschieden werden. Die Ernennung der Ministerriege ist für den 21. Juni vorgesehen.

Hannelore Kraft soll am 20. Juni wiedergewählt werden

Seit gut zwei Wochen laufen die Verhandlungen über eine Neuauflage der rot-grünen Koalition. Sowohl SPD als auch Grüne lobten die bislang gute Arbeitsatmosphäre. Der Koalitionsvertrag der bisherigen Minderheitsregierung ist Grundlage für die aktuellen Gespräche. Einen größeren Stellenwert sollen die Themen Rechtsextremismus und Inklusion einnehmen. Auf Parteitagen am 15. Juni soll der Koalitionsvertrag abgesegnet werden. Die Wiederwahl von Ministerpräsidentin Kraft (SPD) ist für den 20. Juni geplant.

Am Wochenende hatten sich beide Seiten bereits auf die Bildung einer Verfassungskommission geeinigt. Das auch mit externen Experten besetzte Gremium soll unter anderem die Herabsetzung des Wahlalters bei Landtagswahlen von bislang 18 auf 16 Jahre vorbereiten. Zudem will Rot-Grün niedrigere Hürden für Volksbegehren und ein größeres Informationsrecht des Landtages gegenüber der Landesregierung. Da für die Verfassungsänderungen eine Zweidrittelmehrheit nötig ist, sind SPD und Grüne auf Unterstützung der Opposition angewiesen.

Bei der Wahl vor dreieinhalb Wochen hatten SPD und Grüne einen klaren Sieg errungen. Mit zusammen 166 von 237 Mandaten verfügt Rot-Grün nunmehr über eine eigene Mehrheit im Parlament. (dapd)