Hamburg. . Beobachter sprechen von einem Bild wie in einem Katastrophengebiet: Rund um eine Neonazi-Demo in Hamburg ist es zu schweren Ausschreitungen gekommen. Demonstranten zündeten Barrikaden an, die Polizei ging mit Wasserwerfern vor. Auch Polizeiwagen brannten.

Die Demonstration von Neonazis in Hamburg Wandsbek ist am Samstagabend beendet worden. Die 700 Rechtsextremisten warteten am Bahnhof Hasselbrook auf ihre Abreise, sagte eine Polizeisprecherin. Das Verwaltungsgericht hatte die Veranstaltung bis 17.30 Uhr genehmigt. Es seien allerdings noch Gruppen von Gegendemonstranten in den Straßen, die von der Polizei beaufsichtigt werden müssten.

Der Aufmarsch und schwere Ausschreitungen bei Gegendemonstrationen haben in Hamburg fast 4500 Polizisten in Schach gehalten. Durch den Bezirk Wandsbek zog sich eine Schneise der Verwüstung, wie ein Augenzeuge sagte. Gegner der Neonazis hatten Barrikaden und Fahrzeuge rund um den Eilbeker Weg in Brand gesteckt. Dort wollten der Polizei zufolge rund 700 Rechte entlang marschieren.

Bereits in der Nacht hatten Brandstifter elf Polizeifahrzeuge auf dem Parkplatz eines Hamburger Hotels angezündet, wo für den Einsatz zugereiste Beamte schliefen. Die Täter entkamen unerkannt. Am Vormittag dann trafen sich Tausende Gegner der Rechtsextremen im Bezirk Wandsbek. "Unsere primäre Aufgabe ist es, die Rechten und die Gegendemonstranten voneinander zu trennen", sagte eine Polizeisprecherin.

Unübersichtliche Lage durch versprengte Gruppen

Noch bevor die Neonazis, deren Anreise von der Polizei gesichert wurde, Wandsbek erreichten, griffen Gegendemonstranten Beamte mit Steinen und Böllern an. 19 Polizisten wurden der Sprecherin zufolge verletzt. Die Täter hätten zur linken Szene gehört. Daraufhin kreisten Polizisten eine Gruppe von 500 bis 700 Teilnehmern ein und nahm sie in Gewahrsam, um Personalien aufzunehmen. Zwölf Gegendemonstranten vor allem aus der linken Szene wurden nach Straftaten festgenommen und 63 Menschen zur Gefahrenabwehr in Gewahrsam genommen.

Andere Gegendemonstrationen lösten sich in kleine Gruppen auf, die unkontrolliert durch die Straßen Wandsbeks zogen. Bis zu 3000 Menschen waren es der Polizei zufolge. "Die Lage ist sehr unübersichtlich", sagte die Sprecherin. Mit einem Polizeihubschrauber versuchten die Beamten, den Überblick von oben zu behalten.

Polizei ändert Route wegen Gegendemonstranten

Am Mittag erreichten die Neonazis ihren zentralen Kundgebungsplatz an der Pappelallee. Mit Sitzblockaden versperrten ihnen Hunderte Gegendemonstranten die geplante Route über den Eilbeker Weg. Die Polizei trug einige Blockierer weg und ging mit Wasserwerfern gegen sie vor. Doch der Widerstand war zu groß: Die Polizei änderte die Route der Rechten in Richtung Pappelallee. "Es waren einfach zu viele Gegendemonstranten am Eilbeker Weg", sagte die Polizeisprecherin.

Derweil protestierten am Samstag aber auch Tausende Menschen friedlich in der Innenstadt gegen den Aufmarsch der Rechtsextremen. Am Morgen gab es eine Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) mit Polizeiangaben zufolge 3.000 Teilnehmern und eine Kundgebung des vom Senat unterstützten Bündnisses "Hamburg bekennt Farbe" auf dem Rathausmarkt. Nach Polizeiangaben versammelten sich dort 10.000 Menschen. Es gab ein buntes Bühnenprogramm, Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hielt eine Rede.

Insgesamt waren am Samstag in Hamburg fast 4.500 Polizisten im Einsatz, davon 2.400 aus anderen Bundesländern und von der Bundespolizei. Das Ausmaß der Ausschreitungen war deutlich größer als die traditionellen Maikrawalle vor einem Monat.(afp)