Berlin. Nach der Verabschiedung von Norbert Röttgen als Bundesumweltminister geht die CDU-Bundestagsfraktion zur Tagesordnung über. Die NRW-CDU ist derweil weiter empört über die Art und Weise der Entlassung - und darüber, dass sie bei der Neubesetzung übergangen wurde.

Er kam, sah, hörte zu und schwieg. Am Ende stand Norbert Röttgen auf, bedankte sich für den aufmunternden Beifall in der Unions-Fraktion. Mehr Solidarität erfuhr der frühere Umweltminister aber nicht. Kein Abgeordneter kritisierte am Dienstag seine Entlassung. Kein Wort der Missbilligung ging an die Adresse von Kanzlerin Angela Merkel. Fraktionschef Volker Kauder sagte, Röttgen sei ein wichtiges Mitglied der Fraktion und bleibe das auch. Merkel versicherte, die politische und menschliche Tragweite sei ihr sehr bewusst gewesen. Mit Röttgen habe sie auch "gut zusammengearbeitet", und doch beharrte die Kanzlerin auf den personellen Neuanfang.

Echte Nestwärme hatte Röttgen am Vorabend erfahren: Im Kreis der NRW-Abgeordneten. Auch dort sagte er einen langen Abend kein Wort. Aber was er zu hören bekam, muss ihm viel Genugtuung bereitet haben. Die Stimmung war "ganz eindeutig", erzählte ein Teilnehmer der WAZ Mediengruppe. An die 40 Abgeordnete waren da, die Hälfte ergriff das Wort, und alle, ausnahmslos, kritisierten die Art und Weise der Entlassung.

Abgeordnete sehen "Vertrauensverlust gegenüber Angela Merkel"

Am weitesten wagte sich der Abgeordnete Uwe Schummer vor. Er sprach von einem "Affront" gegen die NRW-Landesgruppe und machte einen "Vertrauensverlust gegenüber Angela Merkel" aus, wie sein Büro auf Anfrage der WAZ Mediengruppe bestätigte. Wenige gaben zu Protokoll, politisch könne Merkel ihren Schritt immerhin erklären. Die Form aber hatte alle schockiert.

Obwohl Nachfolger Peter Altmaier überall geschätzt wird, auch von den NRW-Abgeordneten, war zugleich Kritik daran zu hören, dass die Landes-CDU doppelt übergangen wurde, bei der Besetzung im Kabinett wie bei der Nachfolge Altmaiers als Manager der Fraktion. Die Wahl fiel dort auf einen Niedersachsen, auf den bisherigen Justitiar Michael Grosse-Brömer.

Seit Tagen hält die Empörung in der NRW-CDU an. Neben einer Reihe von Landespolitikern hatten Abgeordnete in Berlin ihr Unverständnis geäußert: Der Innenpolitiker Wolfgang Bosbach, Bundestags-Präsident Norbert Lammert, Fraktionsmanagerin Michaela Noll. Ob die Entscheidung richtig oder falsch war, ist für Noll nicht das Thema. "Für mich ist das Thema, wie gehen wir mit unseren Spitzenpolitikern, unseren Hoffnungsträgern um?", sagte sie in einem Interview. Den Umgang habe Röttgen nicht verdient, sondern im Gegenteil eine zweite Chance. Auch an der Basis seien Menschen fassungslos.