Berlin. Mit Peter Altmaier setzt Kanzlerin Angela Merkel einen engen Vertrauten in das Amt des Bundesmweltministers. Seit Jahren ist Altmaier ein treuer Zuarbeiter und gilt als guter Mediator. Auch wenn er bei Twitter schonmal übers Ziel hinausschießt.

Mit der Berufung von Peter Altmaier hat Bundeskanzlerin Angela Merkel einen Vertrauten auf den Posten des Bundesumweltministeriums berufen - und zugleich begründet, warum sie ihn dort haben will. Die Energiewende sei zentrales Anliegen in dieser Legislaturperiode. Da darf nach der Pleite bei der Kürzung der Solarförderung vergangene Woche nichts mehr schiefgehen bis zur Bundestagswahl 2013. Also muss der saarländische Jurist als Merkels persönliche Geheimwaffe her, der als Arbeitstier gilt - und nicht dauernd auf höhere Posten wie Vorgänger Norbert Röttgen schielt.

Dafür hat Merkel sogar den Regionalproporz in der CDU aufgegeben und den Nordrhein-Westfalen Röttgen durch den Saarländer Altmaier ersetzt. Wie sein Vorgänger kam der Katholik 1994 in den Bundestag. Wie Röttgen wechselte auch der 54-jährige ledige Jurist aus dem Amt des Ersten Parlamentarischen Geschäftsführers der CDU/CSU-Fraktion in das Umweltressort.

Treue Zuarbeit für Merkel

Die Beförderung wirkt wie eine Belohnung für eine sehr treue Zuarbeit für Merkel in den sieben Jahren ihrer Kanzlerschaft. Denn Altmaier gilt als Vertrauter der Kanzlerin, die er vor allem europapolitisch beriet. Anders als viele andere CDU-Politiker fiel er zudem nicht durch Ausfälle auf. Sein letzter politischer "Flop", eine ungewollte Twitter-Kritik an dem später zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff, brachte ihm sogar Anerkennung in der Web-Community und einen der am meisten verbreiteten Polit-Tweats ein. Seither gilt er zumindest als Mann des getwitterten klaren Wortes.

Altmaier ist aus Merkels Sicht aus drei Gründen für den Posten geeignet. Zum einen hat er als früherer EU-Beamter Erfahrung mit dem Brüsseler Betrieb. Bei den Falltüren in der Energiepolitik ist dies wichtig, um Klagen der EU-Kommission gegen Deutschland zu verhindern. Er ist zudem als Saarländer sehr frankophil, überzeugter Europäer, spricht exzellentes Französisch und ist 2004 zum Ritter der Ehrenlegion ernannt worden. Das schadet auch nicht für eine enge Abstimmung mit der neuen Führung unter Präsident Francois Hollande.

Altmaier, der Mediator

Zweitens gilt Altmaier als guter Mediator - auch in die Opposition hinein. Mit der SPD hat er ohnehin aus seiner Zeit als Staatssekretär im Innenministerium der großen Koalition Kontakte. Als jovialer Politiker-Typ bildete er einen beschwichtigenden, wichtigen Gegenpol zu dem oft knorrig-rau auftretenden CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder. An dieser wichtigen Schnittstelle verliert Merkel für die Umsetzung ihrer Politik jetzt allerdings einen guten Ausputzer. Seine diensttäglichen Briefings für Journalisten, in denen er die Politik Merkels und der Unions-Fraktion zu erklären versuchte, gehörten bislang zu den festen und beliebten Einrichtungen im politischen Berlin.

Drittens liebt der Unions-Politiker neben Wein, Kunst und gutem Essen zwar auch das Reden - aber Altmaier kann fast genauso gut schweigen. Auch deshalb wurde er 2012 Vorsitzender des vertraulich tagenden Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages. Politiker, die auch wissen, wann sie zu schweigen haben, schätzt Merkel besonders. Das wird auch für die schwierige Abstimmung mit den Ministerpräsidenten, mit Wirtschaftsminister Philipp Rösler und den Parlamentariern bei den nächsten Schritten der Energiewende eine wichtige Qualität sein. Röttgen galt dagegen vielen als zu autistisch.

Freigiebiges Twittern

Ein inhaltlicher Kurswechsel ist mit Altmaiers Ernennung nicht verbunden. Wie Röttgen gehört der Bundestagabgeordnete für Saarlouis zur sogenannten Pizza-Connection, also jener Gruppe nun alternder Unions-Bundestagsabgeordneter, die schon in den 90er Jahren Kontakt zu ihren Grünen-Kollegen pflegten.

In einem Punkt macht der Ministerwechsel der CDU erst einmal einen Strich durch die Rechnung. Denn Altmaier hatte 2011 mit wachsender Begeisterung begonnen, sich in der Twitter-Gemeinschaft zu tummeln. Er galt als das Aushängeschild seiner Partei in der Netz-Community, in der auch die Piraten-Partei Wähler fischt. Legendär ist ein bissiger Kommentar zum damals strauchelnden Bundespräsidenten Christian Wulff, den er abends vom heimischen Schreibtisch absetzte. Er wünsche sich, "dass Christian seine Anwälte an die Leine legt und die Fragen/Antworten ins Netz stellt", schrieb Altmaier da zu Wulffs Weigerung, einen umfassenden Fragenkatalog wie versprochen zu veröffentlichen. Der Tweet wurde von vielen als Hinweis gewertet, dass nun auch bei der Kanzlerin das Vertrauen zu Wulff aufgebraucht sei. Altmaier bedauerte später die hohen Wellen, die sein Eintrag geschlagen hatte.

Am Mittwoch versiegten seine Twitter-Aktivitäten erst einmal für einige Stunden. Um 17.26 meldete er sich mit einem Dank und dem richtigen Ton für die Kommunikation im Netz zurück. "Ich brauche Ihre/Eure Unterstützung jetzt erst recht! Bis bald!". Abzuwarten bleibt, ob er als Minister weiter so freigiebig twittern darf wie als streitlustiger Parlamentarischer Geschäftsführer. (Reuters/dapd/afp)