Düsseldorf.. Deutschland entwickele sich zu einem Schwerpunkt der internationalen Cyber-Kriminalität, so Experten. Die Gewinne aus Drogendeals und Cyber-Kriminalität seien in etwa gleich hoch. Ziel der Angriffe aus dem Internet könnten Anlagen der Chemie- und Stahlindustrie sein.
Der Vormarsch des Internet in Wirtschaft und Privathaushalten macht die Gesellschaft zunehmend verwundbar. So sind Produktionsbetriebe in Nordrhein-Westfalen durch Internet-Sabotage bedroht. Cyber-Experten im Landeskriminalamt (LKA) halten Anlagen der Chemie- und der Stahlindustrie für besonders gefährdet.
Werner Dohr, Leiter Ermittlung des Kompetenzzentrums Cybercrime beim LKA, sagte auf einem Kongress der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Düsseldorf, elektronische Angriffe auf die Temperatur-Steuerung von Hochöfen könnten zum Beispiel für lange Zeit die Stahlerzeugung lahmlegen. Ähnliche Attacken auf Raffinerien seien möglich und könnten dort zu Produktionsstopps führen.
Gewinne aus Cyber-Kriminalität steigen
Der geheimnisvolle „Stuxnet“-Virus, der vor einem Jahr die iranische Atomindustrie getroffen hatte, sei auch auf den Rechnern von 14 deutschen Firmen entdeckt worden, sagte der LKA-Mann. Den Einsatz von „Stuxnet“ durch unbekannte Hacker, deren Standort in Israel vermutet wird, hält er für eine Zäsur in der Geschichte der Internetangriffe. Der Virus hat nach Feststellungen von Experten schon Nachfolger gefunden. Dohr forderte die Wirtschaft auf, beim Schutz stärker vorzubeugen.
Deutschland entwickelt sich zu einem Schwerpunkt der internationalen Cyber-Kriminalität, glaubt der Kölner Staatsanwalt Markus Hartmann. Die Ermittler hätten Hinweise, wonach erstmals auch Gelder aus dem Drogenhandel flössen, um die kriminelle Hackerszene technisch aufzurüsten. Die Gewinne aus Drogendeals und Cyber-Kriminalität seien weltweit „annähernd gleich hoch“.
Viele Fälle werden nicht gemeldet
Der Internet-Experte, der in Köln Cyber-Ermittlungen führt, nannte Schätzungen, wonach der deutschen Wirtschaft durch elektronische Angriffe jährlich ein direkter Schaden von 16,4 Milliarden Euro entsteht. Die Grauzone sei aber riesig. „Nur ein Fünftel der Fälle werden Strafverfolgern bekannt. 80 Prozent bekommen wir nicht zu sehen“.
Es gebe erste Kontakte zwischen Wirtschaft und Fahndern, um das Vertrauen der Wirtschaft in die Ermittlungstätigkeit zu stärken. Ein Projekt laufe erfolgreich in Dortmund.