Istanbul. Der Iran und sechs Weltmächte verhandeln wieder über das umstrittene Atomprogramm. Diplomaten zufolge hat sich dabei die Atmosphäre deutlich verändert: Die Zeichen stehen auf Optimismus und Kompromissbereitschaft.
Bei den internationalen Atomgesprächen mit dem Iran zeichnen sich offenbar ermutigende Fortschritte ab. Die Verhandlungen in Istanbul seien "sehr konstruktiv" und verliefen in guter Atmosphäre, sagte ein Diplomat nach morgendlichen Sitzungen am Samstag. Der sich entwickelnde Dialog mache eine weitere Gesprächsrunde in einigen Wochen wahrscheinlich, verlautete aus Verhandlungskreisen. Die Iraner seien anscheinend um "ernsthafte Fortschritte" bemüht.
Die letzten Atomgespräche der fünf UN-Vetomächte und Deutschlands mit dem Iran waren vor mehr als einem Jahr ohne Ergebnis abgebrochen worden, nachdem Teheran sich geweigert hatte, das Thema Urananreicherung auf die Agenda zu setzen. Daher waren die Erwartungen vor der neuen Runde relativ gering. Aus Diplomatenkreisen hieß es vor dem Treffen in Istanbul, bereits die iranische Bereitschaft, Gesprächsbedarf in der Frage zu akzeptieren, würde als Erfolg und Türöffner für weitere Verhandlungen gewertet.
Iran lehnt Stopp weiter ab
"Eines ist klar - die Zeit für taktische Spiele jedweder Art ist längst abgelaufen", erklärte Bundesaußenminister Guido Westerwelle. "Wir erwarten von Iran, dass es bereit ist, sich mit uns konstruktiv an einen Tisch zu setzen und ernsthafte und zielgerichtete Verhandlungen über alle anstehenden Fragen" zu führen, sagte Westerwelle am Samstag in Berlin.
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte: "Wir sind hier, um Wege zu finden, Vertrauen aufzubauen." Sie äußerte die Hoffnung, dass das Treffen "der Beginn eines nachhaltigen Prozesses" sein werde. Der Westen fürchtet, der Iran könne die Urananreicherung für ein Atomwaffenprogramm nutzen. Teheran betont hingegen, ausschließlich die zivile Nutzung der Atomkraft zu verfolgen.
US-Außenministerin Hillary Clinton sagte im Vorfeld der Gespräche, sie erwarte ein klares Bekenntnis Teherans zur Abkehr von seinem mutmaßlichen Atomwaffenprogramm. Trotz Sanktionen des UN-Sicherheitsrats sowie des Westens lehnt der Iran den Stopp seiner umstrittenen Atomaktivitäten ab.
Zweite Runde möglicherweise in Bagdad
In diplomatischen Kreisen wurde bereits vor den Verhandlungen über eine mögliche zweite Runde der Atomgespräche mit Teheran spekuliert. Der Iran selbst hat Bagdad als Veranstaltungsort für weitere Verhandlungen ins Gespräch gebracht. Ein europäischer Diplomat sagte am Freitag, die neben dem Iran an den Verhandlungen beteiligten Länder - Deutschland, die USA, Frankreich, Großbritannien, Russland und China - könnten sich dazu bereit erklären, im Mai in der irakischen Hauptstadt zusammenzukommen.
Dass westliche Länder bei den Atomverhandlungen Teheran in Aussicht stellen könnten, im Gegenzug für dessen Kompromissbereitschaft beim Thema Urananreicherung geplante Ölsanktionen auf Eis zu legen, war nach Angaben eines europäischen Diplomaten nicht zu erwarten. Die EU hat wegen des iranischen Atomprogramms ein Ölembargo verhängt, das im Juli in Kraft treten soll.(dapd/reuters)