Essen/Braunschweig. . In allen Teilen der Welt unterstützen Exil-Syrer ihre Landsleute im Kampf gegen den Machthaber Baschar al-Assad. Der Braunschweiger Zahnarzt Sadiqu Al-Mousllie ist Mitglied des Syrischen Nationalrats und in der Opposition aktiv. Warum er jetzt nach Waffen ruft.
Seinen Patienten die Schmerzen zu nehmen, gehört eigentlich zu den Hauptaufgaben von Dr. Sadiqu Al-Mousllie. Doch der Zahnarzt aus Braunschweig hat aktuell einen anderen Arbeitsschwerpunkt: seine syrischen Landsleute von Machthaber Baschar al Assad zu befreien.
Der 41-Jährige ist Mitglied des Syrischen Nationalrats (SNC), der anerkannten Dachorganisation der syrischen Opposition. Von Deutschland aus treibt er Spenden für die Regimegegner in Syrien auf und organisiert Hilfstransporte, die über verschlungene Pfade und unter Lebensgefahr zu den Menschen finden, die in den Städten Homs, Hama oder Deraa von Assads Soldaten und Söldnern beschossen werden.
„Assad will nur Zeit gewinnen“
Dass sich die Truppen gestern nicht, wie angekündigt, aus den Protesthochburgen zurückgezogen haben, hat Al-Mousslie direkt von den Oppositionellen per Telefon und Internet erfahren. „In Homs und Hama sind Videofilmer von Raketen beschossen worden.“ Er erzählt dieser Zeitung von Berichten aus den belagerten Städten, die das Gegenteil von dem aussagten, was Assad dem UN-Sondergesandten Kofi Annan versprochen hatte. Die Armee verstärke sogar ihre Kontingente und fahre weiteres schweres Geschütz auf. Zudem habe auch die Zahl der Schlägertrupps zugenommen. Die Schabia-Milizen rekrutieren sich zum Teil aus der Unterschicht und aus Kriminellen. Sie werden vom Assad-Regime bezahlt. um gewaltsam gegen Demonstranten vorzugehen.
„Assad will nur Zeit gewinnen. Deshalb ist er scheinbar auf die UN-Vorschläge eingegangen“, ist Sadiqu Al-Mousllie überzeugt. Eine Waffenruhe sei jedoch nicht in seinem Interesse. „Er hat die Hoffnung, die Proteste irgendwann doch niederzuschlagen. Doch das Volk, das seit 13 Monaten auf den Straßen demonstriert, geht nicht mehr nach Hause.“
Auch die 12.000 Toten, die seit dem Beginn des Aufstands im März 2011 zu beklagen seien, würden den Glauben an einen Sturz des Assad-Regimes nicht brechen. Allerdings müsste die internationale Gemeinschaft die Unterstützung der Opposition verstärken. „Täglich sterben 100 Syrer. Das darf nicht mehr hingenommen werden“, sagt der Exil-Syrer.
Bisheriger Druck zu gering
Deshalb fordert der Syrische Nationalrat, für den Al-Mousllie spricht, eine von den Vereinten Nationen gedeckte, organisierte und schrittweise Bewaffnung der etwa 30 000 bis 40 000 Mann starken Freien Syrischen Armee (FSA). „Wir sind zwar gegen eine Militarisierung des Konflikts. Allerdings müssen sich die Menschen die friedlich protestieren und die, die sie schützen, verteidigen dürfen. Deshalb müssen sie nachvollziehbar und auf transparente Weise mit Waffen versorgt werden“, so Al-Mousslie.
Bei allem Verständnis des SNC für das Zögern des Westens, in Syrien auf Grund der geopolitisch sensiblen Lage zwischen Iran, Irak und Israel nicht militärisch eingreifen zu wollen, müsse nun gehandelt werden. Die bisherigen Instrumente der internationalen Staatengemeinschaft, die Druck auf die syrische Führung aufbauen sollten, hätten sich als stumpfe Waffen erwiesen