Essen. Tanzveranstaltungen am Karfreitag bleiben verboten - auch diesmal sind die Gegner der weitreichenden Vergnügnungsverbote an stillen Feiertagen wieder an den Gerichten gescheitert. Auch die von diversen Gruppen, unter anderem Piraten, geplanten Protestveranstaltungen wurden verboten.

„Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.“

Immer wieder und vor vielen Gerichten haben es Gegner versucht, Einschränkungen zu kippen, die die Politik mit diesem Artikel 140 des Grundgesetzes begründet. Sie haben es aus unterschiedlichsten Motiven getan. Der jüngste Versuch kommt von der Initiative „Zum Teufel mit dem Tanzverbot“. Einer der Initiatoren, die sich der „Hedonistischen Internationale“ zurechnen und am Abend die Kölner Dom- zur Festplatte einer Freiluftparty machen wollten, formuliert es so: „Solche Überbleibsel aus einem Land ohne Spaß gehören abgeschafft.“

Doch: Nie ist das gelungen.

Kein „Heidenspaß“ und keine Videos

Den Atheisten von „Heidenspaß“ nicht, die Karfreitag 2007 in München richtig was los machen wollten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof verdarb ihnen die Freude.

Dem Händler nicht, der Videos per Automat verkaufte und das auch an Sonn- und Feiertagen tun wollte. Er scheiterte vor Baden-Württembergs Richterbänken.

Trödel am Ostersonntag auch betroffen

Den Trödlern nicht, die in Hessen Oster- und Pfingstsonntag ihre Märkte aufbauen mochten. Die Richter in Gießen stoppten den Vorstoß.

Dem Senat von Berlin nicht, der alle vier Adventssonntage als „verkaufsoffen“ erklärte. 2009 kippte das Bundesverfassungsgericht die Regelung.

Sonn- und Feiertage sind Richtern wie Politikern heilig. Sie lassen selbst Einwände nicht gelten, dass sich die konfessionelle Zusammensetzung der Deutschen mit der Einheit deutlich in Richtung einer religiösen Bindungslosigkeit oder gar des Atheismus’ verschoben hat: Heute sind je ein Drittel der Bundesbürger katholisch, protestantisch und nicht konfessionell gebunden.

Stille Tage

Wirtschaftliche Tätigkeit wie Unterhaltung bleiben also nur sehr eingeschränkt möglich. Der Staat nimmt damit seit der Weimarer Verfassung von 1919 Rücksicht auf Gefühle, Traditionen und auch die Konventionen großer gesellschaftlicher Gruppen.

Auf die Kirchen mit ihrer breiten Palette religiöser Feiertage. Schon die Abschaffung des Buß- und Bettags mit Ausnahme Sachsens löste in den 1990er-Jahren Beben auf den Kanzeln aus.

Trauerstrecke im November

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Auch auf die Gewerkschaften, die gegen eine Abschaffung des arbeitsfreien 1. Mai zweifellos die Straße mobil machen würden.

Manche Feiertage sind mehr wert: die „stillen“. Dazu gehört die Trauerstrecke im November aus Volkstrauertag, Totensonntag und Allerheiligen, aber auch der Karfreitag. Er ist der höchste Feiertag der evangelischen Christen. Entsprechend restriktiv behandeln die Parlamente der Länder die Möglichkeiten, sich an diesem Tag öffentlich zu vergnügen.

Das nordrhein-westfälische Sonn- und Feiertagsgesetz untersagt im Artikel 6 „sportliche und ähnliche Veranstaltungen“, den Betrieb von Spielhallen, viele Filmaufführungen und musikalische Darstellungen in Gaststätten und Nebenräumen sowie Tanz „bis zum nächsten Tag sechs Uhr“.

Im Internet tobt der „Shit-storm“ gegen solche religiösen Schranken. Mit spontanen, im Netz verabredeten Veranstaltungen („Flashmobs“) wollen meist junge Leute, darunter viele Anhänger der immer stärker werdenden Piratenpartei, gegen die Feiertagsverbote de­monstrieren. Sie wollen sie notfalls auch einfach brechen, was – je nach Bundesland – ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro kosten kann.

Falsche Adresse

Nachdem die hessischen Piraten vor mehreren heimischen Gerichten mit ihrem Drängen auf ein „Verbot des Tanzverbots“ gescheitert waren, musste das Bundesverfassungsgericht am Freitag eine Feiertagsrunde einlegen – und entledigte sich der Sache zunächst formal: durch Nichtzuständigkeit. Zuerst hätten sich die Kläger an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof wenden müssen, beschieden sie die Partymacher.