Düsseldorf. . Jürgen Rüttgers will der NRW-Politik wohl nun ganz den Rücken kehren. Bei den Neuwahlen will der Ex-Ministerpräsident laut einem Medienbericht nicht mehr für den Landtag kandidieren. Sein CDU-Kreisverband hatte ihn demnach erneut um eine Kandidatur gebeten. Rüttgers lehnte dankend ab.

Der Mann, der am 22. Mai 2005 mit seinem Wahlsieg in NRW eine politische Lawine auslöste, verlässt die Bühne. Jürgen Rüttgers war Bundesforschungsminister unter Helmut Kohl, CDU-Oppositionsführer und Ministerpräsident und zuletzt nur noch einfacher Abgeordneter im Düsseldorfer Parlament. Die überraschende Auflösung des Landtages in der vergangenen Woche besiegelt nun das Ende seiner Karriere. Denn der 60-Jährige kandidiert nicht noch einmal für den Landtag und setzt sich zur Ruhe.

"Der Vorsitzende der Arbeiterpartei in NRW bin ich", sagte Rüttgers nach seinem historischen Wahlerfolg vor sieben Jahren, der ihn zum Ministerpräsidenten in Nordrhein-Westfalen machte. Es war das Mantra eines Mannes, der so etwas wie das soziale Gewissen seiner Partei sein wollte. Die als Spitze gegen die SPD gewählte Formulierung brachte ihm den Spitznamen "Arbeiterführer" ein.

Klassische CDU-Karriere

Der Wahlabend im Mai 2005 stellte die politischen Verhältnisse in Düsseldorf und Berlin auf den Kopf. Nach 39 Jahren verlor die SPD die Macht an Rhein und Ruhr. Tragisch für Rüttgers: Die Schlagzeilen am Wahlabend gehörten nicht ihm und dem Machtwechseln an Rhein und Ruhr, sondern dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in Berlin. Denn dieser trat die Flucht in Neuwahlen an. Bei der vorgezogenen Bundestagswahl wurde Rot-Grün abgewählt. Auch wenn die damalige SPD-Niederlagenserie vor allem mit dem Unmut über die Arbeitsmarktreformen zusammenhing, war es ein persönlicher Triumph für Jürgen Rüttgers.

Der Sohn eines katholischen Elektrikermeisters machte nach dem Jurastudium eine klassische CDU-Karriere. 1980 wurde Rüttgers Landeschef der Jungen Union. 1987 zog er erstmals in den Bundestag ein. Der damalige Kanzler Kohl machte ihn 1994 zum Bundesforschungsminister. 1999 setzte er sich in einer Kampfabstimmung um den NRW-CDU-Vorsitz durch.

"Kinder statt Inder"

Vielleicht wäre Rüttgers schon bei der Landtagswahl 2000 erfolgreich gegen die ausgelaugte NRW-SPD gewesen, doch Affären stoppten ihn. Erst geriet die CDU durch den Parteispendenskandal ins Schlingern, dann gab Rüttgers ein unglückliches Interview, in dem er "Kinder statt Inder" forderte.

2005 gewann er dann doch noch in NRW - und setzte auf ein Image als Sozialpolitiker. So kämpfte er für Korrekturen an Hartz IV. Für Negativschlagzeilen sorgten abschätzige Äußerungen über Rumänen, dafür entschuldigte sich Rüttgers 2009.

Anfang 2010 enthüllte "Der Spiegel", dass die NRW-CDU Sponsoren ihres Parteitags gegen eine Gebühr ein exklusives Gespräch mit Rüttgers angeboten hatte. Auch wenn Rüttgers vehement bestritt, käuflich zu sein, beschädigte die Sponsoring-Affäre sein Ansehen schwer. Immer neue Details aus dem Regierungsapparat und Enthüllungen aus der NRW-CDU-Zentrale in Düsseldorf trugen dazu bei, dass Rüttgers bei der Wahl am 9. Mai 2010 Schiffbruch erlitt. Hinzu kam der Fehlstart von Schwarz-Gelb in Berlin.

Rüttgers will sich anderen Tätigkeiten widmen

Nach seinem Abgang als CDU-Landeschef setzte sich die negative Serie für Rüttgers fort. Im Mai letzten Jahres verfehlte er die Mehrheit bei der Wahl zum europäischen Bahn-Lobbyisten. In den vergangenen Monaten wurde es dann still um den Christdemokraten. In einem seiner letzten großen Interviews forderte er im Oktober letzten Jahres eine Abschaffung des gesetzlichen Rentenalters.

Nun zieht sich der 60-Jährige aus der Politik zurück und will sich intensiver um seine Tätigkeiten bei Stiftungen kümmern. (dapd)