Essen. . 20 Jahre nach Ende des Bürgerkriegs terrorisieren Banden das zentralamerikanische Land. Katholische Kirche startet Versöhnungsinitiative

Ihr Land heißt „Der Erlöser“. Doch nach Erlösung von Gewalt und Leid sehnen sich die gut sieben Millionen Einwohner von El Salvador noch immer. Mit einem beachteten Friedensschluss endete vor 20 Jahren der Bürgerkrieg in dem zentralamerikanischen Staat. Anschließend untersuchte eine Wahrheitskommission die Gräueltaten des 12 Jahre währenden Kampfs zwischen Soldaten der rechtsgerichteten Regierung und linken Guerilleros. Ihre Arbeit gilt heute als Basis dafür, dass beide Bürgerkriegsparteien einen Weg in ein demokratisches System fanden. Die Zeichen standen nicht schlecht – doch die Gewalt ist geblieben.

Weihbischof Gregorio Rosa Chavez. Fotos: Olaf Fuhrmann / WAZ FotoPool
Weihbischof Gregorio Rosa Chavez. Fotos: Olaf Fuhrmann / WAZ FotoPool

Mit 66 Ermordeten je 100 000 Einwohner ist El Salvador eines der gewalttätigsten Länder der Welt. „Wir haben täglich 12 bis 14 Morde“, sagt Gregorio Rosa Chavéz, Weihbischof in der Hauptstadt San Salvador. Den fast 80 000 Toten des Bürgerkriegs stünden rund 50 000 Gewaltopfer seit dem Friedensvertrag gegenüber. „Wir sind in einem neuen Krieg und kommen nur heraus, wenn wir einen neuen Friedensdialog starten“, sagt Chavéz. Zusammen mit anderen „Gruppen der Zivilgesellschaft“ will der Kirchenmann eine neue Initiative starten. Das kündigte Chavéz am Freitag bei einem Besuch der Geschäftsstelle des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat in Essen an, das die Kirche in El Salvador seit Langem unterstützt.

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Im Kern geht es um einen Dialog mit den Pandillas, den gewalttätigen Jugendbanden, die viele Stadtviertel in El Salvador kontrollieren und für einen Großteil der Morde verantwortlich gemacht werden. Bislang setze der Staat ihnen gegenüber fast ausschließlich auf Repression. „Aber diese Politik hat immer nur zu noch mehr Toten geführt“, sagt Chavéz. Die Kirchen – die katholische, aber auch einige kleinere evangelische – hätten als einzige Institutionen Zugang zu den Banden. Dass die Pandillas, von denen viele mittlerweile in den Drogenhandel von Kolumbien in Richtung USA involviert sind, grundsätzlich gesprächsbereit sind, davon ist Chavéz überzeugt: „Die leben doch in einer Hölle.“ Allerdings müsse man ihnen Entwicklungsmöglichkeiten anbieten

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Auf lokaler Ebene gäbe es bereits vereinzelt Kontakt zu den Jugendlichen. Doch bislang fehle es an einer konzertierten Aktion auf Staatsebene mit dem Rückhalt einer entsprechenden Politik. Darauf zielt nun das neue Konzept, das Chavéz jetzt auch der Regierung präsentieren will.

Dass die Regierungspartei der einstigen Guerilleros, die FMLN, bei den Parlamentswahlen am Sonntag Verluste er­litt und die langjährige rechte Regierungspartei Arena wieder zulegte, ficht den Bischof nicht an: „Ich erwarte, dass die großen Parteien jetzt einen Konsens finden.“