Bad Neuenahr. 24 Haftbefehle hatte die Polizei in der Tasche, als sie in den frühen Morgenstunden Quartiere von Neonazis in mehreren Städten durchsuchten. Eines davon: das “Braune Haus“ in Bad Neuenahr. 33 Angehörige des „Aktionsbüros Mittelrhein“ stehen unter dem Verdacht, eine „kriminelle Vereinigung“ gebildet zu haben.

Das Sondereinsatzkommando kam um sechs Uhr früh. 24 Mal klickten die Handschellen. Polizisten und Staatsanwälte stellten die Immobilie Weinbergstraße 17 in Bad Neuenahr auf den Kopf, die sie trotz ihres rötlich-beigen Anstrichs hier nur das „Braune Haus“ nennen.

Ähnlich verlief die Razzia in anderen Städten - darunter in Köln, Bonn, Düsseldorf und im siegerländischen Freudenberg. Es war einer der seit langem stärksten Schläge gegen rechtsextreme Verbände. 300 Polizisten waren im Einsatz. Festgenommen wurden nach Medienberichten auch mehrere NPD-Funktionäre sowie bekannte Kölner Neonazis.

33 Angehörige des „Aktionsbüros Mittelrhein“ zwischen 17 und 54 Jahren, sechs Frauen darunter, stehen unter dem Verdacht, eine „kriminelle Vereinigung“ gebildet zu haben. Sie sind der gefährlichen Körperverletzung verdächtig, des schweren Landfriedensbruchs und der Verwendung der Zeichen verfassungswidriger Organisationen. Nach ersten Ermittlungen haben sie zwar nichts mit den mutmaßlichen Mordtaten der Zwickauer Zelle zu tun. Aber im Rheinland sollen sie ein „Klima des Hasses“ geschaffen haben. Kommunalpolitiker von Neuenahr, wo mit dem „Braunen Haus“ ihr Hauptquartier steht, fühlten sich zuletzt machtlos gegen den rechten Terror.

"Offen gewalttätigen Vorgehen gegen Angehörige der linken Szene“

Die Opfer: Meist Linke. Die „Maßnahmen“: Sie haben sie im Internet bloßgestellt. Es lagen Grillanzünder auf Autoreifen, es flogen Pflastersteine, berichten Anwohner. In Dresden, so glauben die Ermittler, belagerten sie 2011 ein „gegnerisches“ Wohnhaus und in Wuppertal bombardierten sie Linke mit Flaschen. Sie griffen Busse an. Im Netz feierte das Aktionsbündnis mal Putins Wahlsieg (weil er „ein starkes Russland“ will) oder die mutmaßlichen Mörder aus Zwickau. Sie fuhren einen Kleinlaster mit dem Kennzeichen des Todesdatums eines Obdachlosen. Er war in Breisig erschlagen woren, so die Rhein-Zeitung.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz spricht von einem „offen gewalttätigen Vorgehen gegen Angehörige der linken Szene“. Eine neue Eskalation drohte. Samstag wollten die Rechten für ein „selbstverwaltetes nationales Jugendzentrum“ marschieren. Gegen-Protest hatte sich formiert.

Seit Mitte 2010 seien Ermittlungen „akribisch“ geführt worden, sagt die Staatsanwaltschaft - eine „schwierige" Sache sei das gewesen: Das „Aktionsbündnis“ habe sich gerne „strikt nach außen abgeschottet“.