Berlin. . In diesem Jahr werden die Renten voraussichtlich um 2,2 Prozent erhöht. Es ist nicht üppig. Denn eines steht fest: Deutschlands Rentner, vor allem die im Westen, werden die Schulden weiter abtragen, die sie in der Finanzkrise Ende des vorigen Jahrzehnts gegenüber der Rentenkasse aufgehäuft haben.
Die Rentenkasse kennt keinen Schuldenschnitt. Hier sind Verbindlichkeiten abzuzahlen, und sei es nach Jahren. Wäre es anders, die Senioren im Westen der Republik könnten im Juli einen Aufschlag von deutlich mehr als vier Prozent einstreichen. Statt dessen müssen sie sich mit voraussichtlich 2,2 Prozent begnügen.
Auch so lassen sie sich lesen, die auf den ersten Blick erfreulichen Zahlen, die gestern in den Medien kursierten, und die den Rentnern im Osten sogar ein Plus von 3,6 Prozent verheißen, das größte seit 15 Jahren. Vorläufig sind es inoffizielle Zahlen, die Experten im Ministerium rechnen noch, erst am Mittwoch entscheidet das Kabinett.
Doch wie auch immer zu guter Letzt die Stellen hinter dem Komma ausfallen werden, ein Ergebnis steht jedenfalls fest: Auch in diesem Jahr werden Deutschlands Rentner, vor allem die im Westen, die Schulden weiter abtragen, die sie in der Finanzkrise Ende des vorigen Jahrzehnts gegenüber der Rentenkasse aufgehäuft haben.
Die Entwicklung der Renten folgt jeweils um ein Jahr zeitversetzt der Entwicklung der Nettolöhne. Steigen diese, dann gibt es ein Jahr später auch eine Rentenerhöhung. Sinkt das Lohnniveau, dann müssten gegebenenfalls die Renten gekürzt werden. So schlimm ist es noch nie gekommen. Der schwerste Schicksalsschlag, der Deutschlands Rentner bislang getroffen hat, waren drei Nullrunden hintereinander in den Jahren 2004 bis 2006.
Im Krisenjahr 2009 allerdings, als die deutsche Wirtschaft mit einem Wachstumseinbruch um fünf Prozent die massivste Rezession seit dem Krieg zu verkraften hatte und durch massenhafte Kurzarbeit das Nettolohnniveau in den Keller ging, da erhob sich das Gespenst der Rentenkürzung drohend am politischen Horizont.
Verscheuchtes Gespenst
Im damaligen Wahljahr konnte das keine Partei gebrauchen. Und so beeilte sich die Große Koalition, das Gespenst mit einer „Rentengarantie“ zu verscheuchen. Sie versprach: Unabhängig von der Lohnentwicklung sollen die Renten niemals sinken dürfen. Deshalb hat es 2010 eine Nullrunde gegeben statt des eigentlich fälligen Minus.
Als Geschenk an die Rentner war das damals allerdings nicht gedacht. Die Regel gilt: Was sie in einem mageren Jahr womöglich zu viel an Rente beziehen, müssen sie in späteren besseren Jahren durch entsprechend geringere Rentenerhöhungen wieder ausgleichen. Schon 2011 war es soweit: Rechnerisch wäre ein Rentenanstieg um knapp zwei Prozent drin gewesen. Statt dessen wurden es 0,99 Prozent. Der Rest war Schuldentilgung.
Aus diesem Mechanismus erklärt sich auch, warum in diesem Jahr die Rentner im Osten einen erheblich größeren Aufschlag zu gewärtigen haben als die im Westen: Sie haben weniger Schulden abzutragen. Vor allem im Westen sind die export-orientierten Industriezweige angesiedelt, die von der globalen Krise 2009 massiv betroffen waren. Vor allem dort haben sich die Unternehmen in großem Umfang mit Kurzarbeit beholfen, und ist folglich das Lohnniveau gesunken.
Nachwirkungen der Finanzkrise
Für die Ost-Rentner sind denn auch in diesem Jahr die üblen Nachwirkungen der Finanzkrise ausgestanden. Die West-Rentner hingegen müssen sich darauf einrichten, dass sie auch im Jahr 2013 noch Abstriche, wenn auch wesentlich geringere, an einer womöglich fälligen Rentenerhöhung hinzunehmen haben.