Köln. . Die Ursache für den Einsturz des Kölner Stadtarchivs vor drei Jahren soll spätestens im September 2013 feststehen. Dies sagte der Vorstand der Kölner Verkehrs-Betriebe. Beim Einsturz im März 2009 starben zwei Menschen.
Die Ursache für den Einsturz des Kölner Stadtarchivs vor drei Jahren soll spätestens im September 2013 feststehen. Dies sagte der Vorstand der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB), Jörn Schwarze, am Dienstag in Köln. Dazu werde im kommenden Juni ein Besichtigungsbauwerk an der Unglücksstelle errichtet, über welches Beweise gesichert werden sollen. Bis heute sind Ursache und Schuld noch nicht geklärt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung und Baugefährdung gegen unbekannt.
Es dauerte nur wenige Sekunden, dann war das Historische Stadtarchiv zusammengefallen wie ein Kartenhaus. Kostbare Unikate, 1.000 Jahre alte Urkunden, Handschriften und Nachlässe landeten bei der Tragödie am 3. März 2009 in Schutt und Asche. Zwei benachbarte Wohngebäude brachen zusammen, zwei junge Menschen wurden in den Tod gerissen. Heute, drei Jahre nach der Katastrophe, schwanken die Gefühle zwischen Aufbruchstimmung und Verbitterung.
60 000 verschüttete Dokumente
Der Lichtblick: Seit Januar sind erstmals wieder restaurierte Kulturgüter für die Öffentlichkeit zugänglich. Unter anderem sind von rund 60 000 verschütteten Urkunden wieder 600 zu sehen. Schrittweise sollen mehr dazu kommen. 95 Prozent des Archivgutes konnte aus den Trümmern geborgen werden.
„Die Bilder des 3. März 2009 ließen es nahezu unvorstellbar erscheinen, dass Bestände in dieser Größenordnung geborgen werden konnten“, sagt Kulturdezernent Georg Quander am Dienstag. Fast ein Drittel der Bestände sind erfasst und 15 Prozent zugeordnet. Die Verträge für den Neubau stehen kurz vor dem Abschluss. „Es ist ein Stück weit wieder Alltag eingekehrt“, sagt Archivdirektorin Bettina Schmidt-Czaia. Das ist die eine Geschichte.
Wer trägt die Schuld?
Die andere Geschichte ist, dass drei Jahre nach dem Unglück nur wenige Fragen beantwortet worden sind. Soviel steht fest: Die Kosten mitsamt Restaurierung, Baumaßnahmen und Schadensersatz werden auf mindestens eine Milliarde Euro beziffert. Fast alle Dokumente wurden zwar geborgen, eine Rettung ist bei vielen beschädigten Stücken aber noch nicht gesichert.
Ungeklärt sind auch die Ursache und die Schuldfrage. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung und Baugefährdung gegen Unbekannt. „Wir sind bislang noch nicht an die entscheidenden Stellen gekommen“, sagt Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer am Dienstag der Nachrichtenagentur dapd. Vor allem die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) stehen im Visier, weil sie in der Nähe eine U-Bahn-Haltestelle bauen. Auch Büros der Bauunternehmen Brunnen Conrad und Bilfinger Berger wurden durchsucht.
Anwohner ziehen vor Gericht
Die Hoffnungen der Ermittler liegen nun auf dem sogenannten Besichtigungsbauwerk an der Unglücksstelle. Ab Sommer soll dadurch unter anderem der Blick auf eine Schlitzwand freigelegt werden, die vor drei Jahren womöglich dem Grundwasser nicht stand gehalten hatte. Nach Angaben der KVB soll die Unglücksursache im September 2013 gefunden sein.
Parallel zu den langwierigen Ermittlungen ziehen sich Zivilprozesse in die Länge. Mehrere Mieter klagen vor dem Landgericht gegen die KVB auf Schadensersatz, drei Verfahren sind immer noch nicht abgeschlossen. Insgesamt hatten 36 Anwohner aus den Nachbarhäusern ihre Wohnungen verloren. Zugleich verlangen Leihgeber, die ihre Dokumente im Archiv untergebracht hatten, Schadensersatz. Das Landgericht wies die Klagen ab, nun befasst sich das Oberlandesgericht damit.
Bürgerinitiative macht Vorwürfe
Verbitterung und Verärgerung macht sich breit: Die Bürgerinitiative „Köln kann auch anders“ wirft der Stadt eine Schönfärbung vor. Die genannten Zahlen kaschierten die tatsächlichen Verluste, teilt die Bürgerplattform mit. Das notwendige Expertenwissen fehle.
Tatsächlich kommen die Fachleute mit der Restaurierung kaum hinterher. Nach Angaben der Stadt wurden 35 Prozent des wertvollen Bestandes schwerst beschädigt, die Hälfte weist schwere und mittlere Schäden auf. Allein 15 Prozent sind mit leichten Macken davongekommen.
Seite für Seite entstauben und reinigen 140 Mitarbeiter in weißen Kitteln die Stücke - ein mühsamer Akt. Ein eklatanter Fachkräftemangel behindert eine zügige Abarbeitung. Die Restaurierung kostet 400 Millionen Euro. Der Zeitrahmen: Erst in einem halben Jahrhundert wird der Zusammensturz, der nur wenige Sekunden dauerte, aufgearbeitet sein.