Berlin. . Nüchtern erkannte die Kanzlerin im Reichstag an, dass man sich fragen könne, ob die Eurozone ohne Griechenland nicht besser dastünde. Dass aber die Geschlossenheit der Koalition nicht zur Disposition stehen dürfe, ließ sie auch nicht unerwähnt.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ sich wie immer nichts anmerken. Betont nüchtern nannte sie in ihrer Regierungserklärung die Frage, ob die Eurozone ohne das pleitebedrohte Griechenland nicht besser dran wäre, durchaus berechtigt. Dabei hatte ihr Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) gerade mit genau solchen Überlegungen einen Sturm der Empörung ausgelöst. Später rüffelte sie den Minister.
Bei der siebten Abstimmung zum Thema Euro-Rettung in der schwarz-gelben Regierungszeit zeigte sich erneut, wie groß die Verunsicherung in Union und FDP beim Kurs der Krisenbewältigung ist.
Merkel ging ausführlich auf theoretische Alternativen zum zweiten Rettungspaket für Griechenland ein. Ihre Schlussfolgerung zu Insolvenz oder Ausschluss aus der Eurozone lautete klar: Die Risiken wären „unkalkulierbar und damit nicht verantwortbar“.
Handlungsfähigkeit beweisen
Es ging im Reichstag aber nicht allein um Griechenland, den Euro und Milliardensummen, sondern auch um die Geschlossenheit der Koalition. Gut eine Woche nachdem der turbulente Verlauf der Bundespräsidenten-Kandidatenwahl Union und FDP an den Rand des Bruchs gebracht hatte, stand das Bündnis unter Druck, seine Handlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen.
Alte Gedankenspiele
Dabei hatten die Chancen für eine vergleichsweise geräuscharme Euro-Abstimmung für die Koalition ganz gut gestanden. Waren im Vorfeld früherer Bundestags-Voten zur Rettung des Euro die Wogen teilweise hoch geschlagen, liefen die Vorbereitungen diesmal vergleichsweise friedlich. Bis zum Wochenende.
Dann platzten mitten in die letzten Überzeugungsgespräche die Äußerungen von Friedrich, der dafür warb, die Griechen aus dem Euro zu drängen. Zwar ist das Gedankenspiel eines „freiwilligen“ Austritts von Griechenland aus der Eurozone ist nicht neu. Neu allerdings war, dass sich ein so wichtiges Mitglied der Bundesregierung so kurz vor einer wichtigen Abstimmung so offen dafür aussprach.
Die Kanzlerin ließ verkünden, dass sie Friedrichs „Einschätzung nicht teilt“. Und wie es hieß, teilte Merkel ihrem Minister auch persönlich per Telefon mit, wie wenig begeistert sie von seiner Wortmeldung war.