Berlin. In der ersten Arbeitssitzung zeigte sich der Untersuchungsausschuss einig. Das Gremium, in dem alle Parteien vertreten sind, wird zunächst Akten sammeln und sichten. Der Ausschuss soll die Hintergründe der Mordserie der NSU untersuchen.

Alle Bundestagsfraktionen ziehen bei der Aufklärung der Ermittlungspannen im Fall der Zwickauer Terrorzelle bisher an einem Strang. In der ersten Arbeitssitzung des Untersuchungsausschusses wurden am Donnerstag alle 38 Beweisanträge einstimmig angenommen, wie der Ausschuss mitteilte. Das Gremium wird zunächst umfangreiches Aktenmaterial sammeln und sichten.

Hintergrund ist die Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU). Die rechtsterroristische Gruppe, die im November 2011 aufflog, soll zehn Menschen ermordet haben. Der Untersuchungsausschuss des Bundestages hat den Auftrag, die Hintergründe der Taten zu beleuchten und mögliche Versäumnisse der Sicherheitsbehörden bei den Ermittlungen aufzudecken. Auch eine Bund-Länder-Expertenkommission und ein weiterer Untersuchungsausschuss im Thüringer Landtag beteiligen sich an der Aufklärungsarbeit.

Untersuchungsausschuss fordert Akten an

Die Bundestagsabgeordneten fordern zahlreiche Akten von Bundesministerien, Bundesbehörden und der Generalbundesanwaltschaft an. Bei den Materialien des Generalbundesanwalts handelt es sich um solche, die in den 90er Jahren entstanden. Schon damals war das Tätertrio Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Visier der Ermittler. Damals prüfte die Generalbundesanwaltschaft, ob man mit Blick auf die drei Rechtsextremisten von einer terroristischen Vereinigung sprechen könne. Das Ergebnis lautete: Es handelt sich um gefährliche Einzeltäter. Die Abgeordneten wollen diesen Vorgang noch einmal prüfen.

Der Untersuchungsausschuss einigte sich außerdem darauf, an zwei Sitzungstagen jeweils drei Sachverständige anzuhören. Beide Sitzungen könnten Ende März stattfinden - ein Thema wäre die "deutsche Sicherheitsarchitektur", ein anderes wäre Rechtsextremismus in Deutschland. Die Sachverständigen wurden allerdings noch nicht benannt.

Untersuchungsausschuss will Bund-Länder-Kommission treffen

Vor Beginn der Sitzung sagte der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy, erste Zeugen sollten nicht vor Anfang April geladen werden. Zudem kündigte der SPD-Politiker an, der Untersuchungsausschuss wolle die Expertenkommission und die Mitglieder des Thüringer Ausschusses treffen.

Dem Vernehmen nach schlug der Obmann der Union, der CDU-Politiker Clemens Binninger, vor, den 19 Jahre umfassenden Untersuchungszeitraum in vier Arbeitsblöcke aufzuteilen. Demnach könnte ein Block die Frühphase der Ermittlungen zwischen 1992 und 1997 umfassen. Damals radikalisierte sich das Terroristentrio Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt und beging erste Straftaten.

Ein weiterer Block könnte nach den Plänen Binningers die Jahre 1998 bis 2003 beinhalten, den Zeitabschnitt also, in dem die Terroristen abtauchten. In einem dritten Block könnten sich die Abgeordneten dann mit der Mordserie zwischen 2000 und 2007 befassen. Schließlich bliebe noch die Zeitspanne zwischen 2007 und 2011. Die Abgeordneten haben noch nicht abschließend über den Gliederungsvorschlag des CDU-Bundestagsabgeordneten beraten.

Zunahme rechtsextremer Aktivitäten

Die Aufdeckung der Zwickauer Terrorzelle hatte für die rechte Szene offenkundig keine abschreckende Wirkung. Das bayerische Innenministerium berichtet nun sogar von einer Zunahme von Aktivitäten. "Wir müssen feststellen, dass die Aufdeckung der Taten des Zwickauer Neonazi-Trios nicht dazu geführt hat, dass sich Mitläufer des rechtsextremen Milieus davon distanzieren", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) der "Passauer Neuen Presse". Die neuen Erkenntnisse hätten ihn sehr überrascht. Es gebe in der Neonazi-Szene "eine Solidarisierung" mit dem Terroristentrio - "in manchen Bereichen wird nun eher dreister, noch markiger aufgetreten als zuvor", sagte Herrmann. Die Entwicklung sei "sehr, sehr ernst zu nehmen".

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kündigte derweil einen neuen Vorstoß zum NPD-Verbotsverfahren auf einer Sonderkonferenz der Ministerpräsidenten am 22. März an. Im Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" sagte er, er werde einen "Kriterienkatalog" für eine neue Beweisführung vorlegen. Auf dieser Basis könne dann "konkret mit der Beweissammlung gestartet werden". (dapd)