Moskau. Demo-Wochenende in Russland: Zehntausende Anhänger und Gegner von Ministerpräsident Putin sind am Samstag in Moskau und anderen Städten auf die Straße gegangen. Seit Dezember protestieren Regimekritiker gegen die Führung in Moskau. Putin will sich im März wieder zum Präsidenten wählen lassen.

Zehntausende Russen haben am Samstag in Moskau und anderen Landesteilen für und gegen die Regierung von Ministerpräsident Wladimir Putin demonstriert. An einem Protest gegen Putin in der Hauptstadt beteiligten sich bei Temperaturen um die minus 17 Grad Celsius nach Angaben der Opposition rund 120.000 Menschen, die Polizei sprach von 36.000 Teilnehmern. Für die Regierung demonstrierten in Moskau laut Polizei knapp 140.000 Menschen.

"Wir sind hier mindestens 120.000 Menschen", sagte einer der Organisatoren, der frühere Abgeordnete Wladimir Ryschkow, bei der Moskauer Kundgebung gegen Putin. Ryschkow ist Ko-Vorsitzender der Oppositionsbewegung Parnas, die nicht zu der umstrittenen Parlamentswahl am 4. Dezember zugelassen worden war. Die Moskauer Behörden hatten den Gegnern Putins für Samstag eine Kundgebung mit maximal 50.000 Teilnehmern erlaubt.

"Wir demonstrieren, bis sie gehen"

Die Regierungskritiker trugen bei ihrer Demonstration erneut weiße Bänder als Zeichen ihrer Protestbewegung. "Wir werden demonstrieren, bis sie gehen", war mit Blick auf Putin und Präsident Dmitri Medwedew auf Transparenten zu lesen. "Hier sind Menschen mit völlig unterschiedlichen politischen Ansichten versammelt", sagte Antikorruptionsaktivist Alexej Nawalni, einer der Anführer der Protestbewegung.

"Putin ist ein Mann der Vergangenheit, er denkt wie im vorigen Jahrhundert", sagte der 30-jährige Putin-Kritiker Wjatscheslaw Komkow bei der Kundgebung in Moskau der Nachrichtenagentur AFP. Er bedauerte zugleich, dass viele seiner Freunde wegen der Kälte diesmal nicht demonstrierten. Ein 79 Jahre alter Rentner sagte bei der Kundgebung für Putin, er protestiere, weil er in Russland "kein Chaos wie in Libyen" wolle.

In St. Petersburg, der zweitgrößten Stadt Russlands, demonstrierten laut Polizei rund 4000 Menschen gegen Putin. Auch im fernöstlichen Wladiwostok, im südlichen Sotschi, in der westlichen Exklave Kaliningrad und etwa 20 weiteren Städten versammelten sich zahlreiche Menschen. "Wir haben genug von Putin, mit ihm erwarten uns erneut Jahre der Stagnation und der Korruption", sagte die 54-jährige Demonstrantin Larissa Rosljakowa in St. Petersburg.

Putin dankt seinen Unterstützern

Die Führung in Moskau sieht sich seit der Parlamentswahl am 4. Dezember mit der größten Protestbewegung konfrontiert, seit Putin im Jahr 2000 zum ersten Mal Staatschef wurde. Am 4. März will er sich wieder zum Präsidenten wählen lassen, Medwedew soll dann das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen. Er war im Jahr 2008 Staatschef geworden, weil Putin nach zwei Amtszeiten in Folge nicht noch einmal kandidieren durfte.

Schon vor den Demonstrationen bedankte sich Putin bei seinen Unterstützern. "Ich danke ihnen und teile ihre Ansichten", erklärte er am Freitagabend. Im Internet hatten sich zuvor viele Staatsbedienstete darüber beklagt, zur Teilnahme an der Kundgebung zu seinen Gunsten gezwungen zu werden. Teilweise soll ihnen dafür auch Geld angeboten worden sein. Putin nannte dies "natürlich nicht gut" und sprach von Einzelfällen.

Nach der Parlamentswahl hatten in Moskau an zwei Tagen im Dezember bereits zehntausende Menschen gegen Putin protestiert. Seither kündigte er immer wieder vage Reformen an. Videoaufnahmen, in denen Wahlfälschungen zu Gunsten Putins in verschiedenen Wahllokalen dokumentiert sein sollen, bezeichnete die Wahlkommission am Samstag in einer Mitteilung als "aus den USA heraus verbreitete Montagen". (afp)