Essen. . Dortmund, Witten, Hagen und viele andere Städte in NRW wollen den Wildwuchs der Spielhallen nicht mehr länger hinnehmen. Sie wollen mit strengeren Regeln die Neuansiedlung von Daddelbuden verhindern. Auch das Land NRW arbeitet mit Hochdruck an einem Spielhallen-Gesetz.
Für die Betreiber von Spielhallen brechen harte Zeiten an: Viele Städte an Rhein und Ruhr gehen gegen den Wildwuchs der „Daddelbuden“ oder Online-Spielbüros vor. Die Landesregierung arbeitet parallel dazu „mit Hochdruck“ an einem neuen Gesetz, das die Gründung neuer Spielhallen deutlich erschweren dürfte.
Hintergrund: Seit 2006 ist die Zahl der Geldspielautomaten in NRW von 26 000 auf fast 40 000 regelrecht explodiert. Eine neue, freizügige Spieleverordnung hatte dies begünstigt. Der „Expansionstrend“ ist ungebrochen, wie die Stadt Dortmund in einem Experten-Papier feststellt. Inzwischen sind vielerorts Großspielhallen mit über 100 Automaten, so genannte „Entertainment-Center“ entstanden.
Wörtlich heißt es in der Vorlage zum Dortmunder „Masterplan Vergnügungsstätten“: „Seit Vorliegen der aktuellen Spieleverordnung bestimmt einn neuer Expansionstrend den markt. Dieser wird begünstigt durch die Regelung, dass je Konzession nunmahr zwölf anstelle von bisher zehn Geldspielgeräten aufgestellt werden dürfen. Allein zwischen januar 2006 und Oktober 2010 stieg in Dortmund die Zahl der Geldspielgeräte von 1396 auf 1634.“
Dortmund arbeitet also an einem „Masterplan Vergnügungsstätten“. Ähnliche Pläne gibt es in Witten, Hamm, Paderborn, Hagen, Bochum, Krefeld, Mönchengladbach, Bielefeld und zahlreichen anderen Kommunen. Die Städte wollen zum Beispiel Mindestabstände zwischen Spielstätten festschreiben und verhindern, dass diese Geschäfte an Orten entstehen, wo viele Kinder anzutreffen sind .
Berlin ist am strengsten
Michael Frehn vom Dortmunder Planungsbüro „Planersocietät“ erarbeitet für Städte wie Krefeld, Witten, Hagen und Paderborn „Vergnügungsstättenkonzepte“. Für Witten liegt inzwischen eine fertige Stragtegie vor. Sie sieht 100 Meter Abstand zwischen den Daddelbuden vor. Anders gesagt: Es dürfe „keine Sichtbeziehung“ geben. Laut Frehn ist die Zahl der Geldspielgeräte mancherorts seit 2006 um 60 Prozent gestiegen. Weit vorne in dieser Rangliste tauchen Mönchengladbach und Paderborn auf. Witten gilt als Stadt mit der dritthöchsten Spielhallendichte im Land. Aber auch Oberhausen gilt inzwischen als Dorado für Automaten-Spieler. Frehn unterstreicht, dass die Städte härtere Regeln für Automaten-Aufsteller nicht mit der Spielsucht-Gefahr begründen dürfen. „Es geht hier um rein städtebauliche Gründe.“ Die Länder könnten aber in ihren Spielhallen-Gesetzen sehr wohl das besondere Suchtpotenzial, das von den Geräten ausgehe, berücksichtigen.
In Berlin, Bremen und im Flächenland Hessen gelten inzwischen strenge Spielhallengesetze. In der Hauptstadt wurden 2011 nur noch in Ausnahmefällen Konzessionen vergeben. Dort muss der Abstand zwischen zwei Spielhallen 500 Meter betragen. Zwischen 3 und 11 Uhr bleiben die Läden zu. Das NRW-Innenministerium bestätigte, dass derzeit ein „Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag“ in Arbeit ist. Die Vorlage solle „in nächster Zeit“ ins Parlament gehen. Eventuell soll das Gesetz schon in diesem Jahr gelten. Zu den Details könne derzeit noch nichts gesagt werden. Unterschiedliche Quellen zufolge ist ein Mindestabstand von 250 bis 350 Metern im Gespräch.
„Endlich wird das Problem erkannt“
„Endlich nehmen auch die Städte in NRW das Problem ernst“, sagt Birgit Ottensmeier (Landesfachstelle Glückspielsucht) dieser Zeitung. „Bisher galten Spielhallen als schnelle Steuer-Einnahmequelle. Jetzt erkennen die Kommunen das Problem. Sie sehen, dass mit den vielen neuen Spielstätten auch Verelendung einhergeht, und sie erkennen, dass Kaufkraft verloren geht.“
Die Glücksspiel-Branche fürchtet indes ein Spielhallen-Sterben in den Städten. Zahlreiche Arbeitsplätze seien in Gefahr.