Straßburg. . Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat seine umstrittenen politischen und institutionellen Reformen vor dem Europaparlament in Straßburg verteidigt. Dabei stieß er auf Empörung und lautstarken Widerspruch. Neue Erkenntnisse brachte die Sitzung des Parlaments so nicht.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban steht bei den EU-Partnern unter starkem Druck wegen der rabiaten Art, mit der seine alles dominierende Fidesz-Partei Staat und Gesellschaft umbaut. Es droht der Verlust von dringend benötigtem Geld, Regionalhilfen aus Brüssel, Kredite von IWF und EU. So ist der Premier persönlich nach Straßburg gekommen, um sich zu verteidigen. Viel zu sagen hatte er nicht.

„Die Umgestaltung Ungarns erfolgt auf der Grundlage europäischer Werte”, erklärt Orban. Wenn’s doch Probleme gebe, bitte sehr – „die können gelöst werden”. Ansonsten bitte er im Namen des ungarischen Volkes um Unterstützung durch das Europäische Parlament. Das erlebt mit dem Aufritt des regierenden National-Populisten aus Budapest am Mittwoch nicht gerade eine Sternstunde.

Die Linie ist bekannt: Ich, Viktor Orban, habe von meinen sozialistischen Vorgängern einen Saustall geerbt. Beim großen Ausmisten, mag sein, sind hier und da Interessen einzelner Gruppen tangiert worden. Wo EU-Recht verletzt wurde, lasse sich das reparieren. Das ist die alte Leier. Es kommt aber den Vertretern der christdemokratischen Parteifamilie EVP, zu der Fidesz gehört, zupass.

Abgeordnete sind empört

Die anderen sind empört: Fidesz ersticke jede Möglichkeit zum demokratischen Wechsel. Die Liberalen präsentieren eine lange Liste mit offiziellen Beschwerden über den Kurs der ungarischen Regierung, von EU-Institutionen bis zur US-Außenministerin Clinton. Grünen-Vormann Dany Cohn-Bendit schäumt, Orban gehe „Richtung Castro, Chávez und anderer autoritärer Regierungen”. EVP-Abgeordnete keilen wütend zurück. Neue Erkenntnisse: Fehlanzeige. Stunksitzung.

Mehr Substanz hat die EU-Kommission zu bieten, die am Vortag Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet hatte. Am Mittwoch schickte Medienkommissarin Neelie Kroes ein weiteres Mahnschreiben nach Budapest, um ihre Sorge über die Entwicklung im Presse- und Rundfunkwesen zum Ausdruck zu bringen. Dabei gehe es nicht nur um juristisch-technische Fragen, sondern „um Respekt für Medienfreiheit und -vielfalt“. Anlass ist der Lizenz-Entzug für den regierungskritischen Sender Klub-Radio.