Lagonissi/Berlin. . Der Schuldenstaat Griechenland bekommt seinen Haushalt nicht in den Griff und benötigt noch mehr Geld von der Europäischen Union. Bankenpräsident Andreas Schmitz spricht von einer „hochexplosiven Lage“, weil Griechenland längst nicht wettbewerbsfähig sei.

Das hochverschuldete Griechenland kommt bei der Haushaltssanierung schwerer voran als gedacht. Nach Angaben des griechischen Entwicklungsministers Michalis Chrysochoidis wird das Haushaltsdefizit 2011 vermutlich bei 9,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen und damit einen halben Prozentpunkt höher als angestrebt. Jetzt hoffe sein Land auch auf Investoren aus den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Vor diesem Hintergrund trafen sich am Dienstagabend Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Direktorin des Interantionalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde. Bei dem Gespräch habe Griechenland eine „besonders wichtige Rolle“ gespielt, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Einzelheiten des „vertraulichen Gesprächs“ nannte er nicht.

Bankenpräsident Andreas Schmitz bezeichnete die Lage in Griechenland unterdessen als „hochexplosiv“. Die Troika aus IWF, EU und Europäischer Zentralbank will kommende Woche nach Athen fliegen.

Hilfe aus EU-Strukturfonds

Chrysochoidis sagte, durch eine stärkere Inanspruchnahme des Strukturfonds der EU sei es im vergangenen Jahr gelungen, die Ausgaben der Regierung und damit das Defizit von 10,6 Prozent des Jahres 2010 auf 9,6 Prozent zu senken. Das Land leidet derzeit unter einer Schuldenlast, die im vergangenen Jahr vermutlich bei 160 Prozent des Bruttoinlandsprodukts lag. Die Regierung hat deshalb ein drastische Sparprogramme beschlossen.

Schmitz fügte mit Blick auf die Debatte über den Schuldenschnitt hinzu: „Wir könnten Griechenland auf null setzen, aber die Wettbewerbsfähigkeit fehlt.“ Derzeit sei die Europäische Zentralbank die einzige Institution, die kurzfristig Nothilfe leisten könne.

Reformstau in Griechenland

In den vergangenen Tagen waren erhebliche Zweifel aufgekommen, ob das im Oktober beschlossene Euro-Hilfspaket wegen des Einbruchs der griechischen Wirtschaft und des Reformstaus ausreichen wird.

Derweil warnte die Bewertungs-Agentur Fitch davor, dass die finanziellen Schwierigkeiten Griechenlands in diesem Jahr die Krise in der Eurozone verschärfen werde, wenn sich das Land nicht mit den Gebern auf eine Verringerung der Schuldenlast verständigen könne. Griechenland habe „immer noch das Potenzial Europa in eine Krise zu stürzen“, erklärte David Riley von Fitch. Die Zeit werde knapp.

Institute in Sorge

Die Politik hat nach Ansicht des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) entscheidenden Einfluss darauf, ob die Wirtschaft in diesem Jahr schrumpft oder nicht. Ein leichtes Wachstum sei im Gesamtjahr möglich, falls die Beschlüsse zur Euro-Rettung umgesetzt würden, sagte HWWI-Konjunkturexperte Jörg Hinze. „Eskaliert die Lage in Griechenland, dann kann alles deutlich schlechter werden.

Unterdessen schließt der Leiter des Instituts für Wirtschaftspolitik der Universität Leipzig, Gunther Schnabl, ein Auscheiden des hochverschuldeten Griechenlands aus der Euro-Zone nicht aus. Dies könnte noch dieses Jahr geschehen, sagte er. (mit dapd)