Essen. . Der CDU-Landesverband NRW will das umstrittene Bohren nach Erdgas viel stärker beschränken als die Bundestagsfraktion derselben Partei. Da droht Streit. Besonders spannend wird es für Umweltminister Norbert Röttgen, der qua Amt auf beiden Seiten steht.

Die umstrittenen Bohrungen nach wertvollen Erdgasreserven in Deutschland stürzen die CDU in einen Interessenkonflikt. Während die Christdemokraten in NRW unter dem Eindruck der Bürgerproteste bundesweit strenge Umweltauflagen fordern, setzen sich Wirtschaftspolitiker der CDU-Bundestagsfraktion für laschere Regeln ein. Norbert Röttgen, Bundesumweltminister und NRW-Landeschef in Personalunion, muss nun Farbe bekennen.

Mit einem einstimmigen Beschluss des Vorstands schlug der mächtigste Landesverband am Dienstag einen Pflock ein. Erstmals legte die NRW-CDU fest, wie sie es mit der umstrittenen Fördermethode „Fracking“ hält. Bei diesem Verfahren wird das in Gesteinen oder Kohleflözen eingelagerte Erdgas mit einem Gemisch aus Wasser, Sand und teils giftigen Chemikalien herausgebrochen. Das Positionspapier der NRW-CDU enthält eine klare Ansage an die Bundestagsfraktion: Ohne eine zwingende, umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sowie ohne transparente Beteiligung von Bürgern, Betroffenen und Behörden sei diese Art von Erdgasgewinnung tabu, lautet die Position des Landesverbandes. Sie geht damit in entscheidenden Punkten weiter als das Papier, das derzeit in Berlin in der CDU-Bundestagsfraktion beraten wird.

In diesem Antragsentwurf für eine bundesweite Regelung fehlt die strikte Umweltverträglichkeitsprüfung, die NRW kategorisch einfordert. Geprüft werden soll erst, wenn erhebliche Risiken bekannt seien. Zudem sollen „Regelfälle“ definiert werden, wann das „Fracking“ nicht als umweltgefährdend anzusehen sei.

Der Entwurf der CDU-Bundestagsfraktion hatte heftige Proteste ausgelöst. Gelsenwasser, der größte deutsche Wasserversorger, bangt um Trinkwasserreservoirs, die im Falle von Bohrunfällen durch Chemikalien oder Schadstoffe aus der Tiefe verunreinigt werden könnten. „Das Papier sieht weder eine umfassende Beteiligung Betroffener vor, noch wird Fracking in ehemaligen Kohlebergbau-Gebieten ausgeschlossen“, kritisierte ein Gelsenwasser-Sprecher. Zu diesen Regeln habe sich selbst der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bekannt. Ihm gehört auch der Konzern ExxonMobil an, der sich in NRW die größten Claims gesichert hat.

„Das Papier ist ein Kniefall vor der Öl- und Gasindustrie“, sagt Frank Schwabe, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Castrop-Rauxel und zuständiger Berichterstatter im Umweltausschuss. Die Union und auch die FDP nähmen die Sorgen der Bürger nicht ernst. Genau das fürchtet Josef Hovenjürgen, CDU-Landtagsabgeordneter mit Wahlkreis in Haltern. „Der Entwurf ist nicht akzeptabel“, kritisiert Hovenjürgen, der sich als Mitglied des Umweltausschusses im NRW-Landtag über das Berliner Papier geärgert hat. Es dürfe nicht sein, dass seine Parteikollegen im Bundestag eher den Lobbyisten als den Einwänden besorgter Bürger und Kommunen zuhörten.

Nun muss Norbert Röttgen Farbe bekennen, als Bundesumweltminister wie auch als NRW-Landeschef ein Machtwort sprechen, heißt es in Berlin und Düsseldorf. Röttgens Widersacher ist Philipp Rösler. Der FDP-Chef pocht darauf, bei einer Änderung des Bergrechts als Wirtschaftsminister die Federführung zu haben. Zudem kommt er aus Niedersachsen, in dem „Fracking“ vielfach stattgefunden hat. Und dort haben Gasfirmen in 2010 dem Land Einnahmen von einer halben Milliarde Euro beschert.