Bad Neuenahr. Die Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland beschäftigt sich mit dem schwierigen Thema Selbstmord. Die Kirchenleute legen Wert auf die Gewissensfreiheit des Einzelnen.

Es ist das ureigene Anliegen der Kirchen, menschliches Leben zu schützen, vom Beginn bis zu seinem Ende. Aber wie steht es mit dem Ende des Lebens – hat der Mensch aus christlicher Sicht ein Recht auf Suizid, ein Recht auf die Tötung auf Verlangen? Und umgekehrt: Gibt es für die Kirche ein Recht, Menschen zum Leben zu zwingen, auch wenn sie krank sind und unter größten Schmerzen leiden? Danach hat die Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland gefragt, die noch bis Freitag in Bad Neuenahr tagt.

Und weil es dazu in den europäischen Ländern unterschiedliche Gesetze gibt, hat die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) eine Orientierungshilfe erarbeitet, die dem Kirchenparlament vorgestellt wurde. Sie hebt, in guter protestantischer Tradition, die Gewissensfreiheit des Einzelnen hervor. Das Dokument betont, „dass die betroffenen Personen ihre Urteile in persönlicher Eigenverantwortung vor Gott fällen müssen und sich nicht – auch nicht von der Kirche – bevormunden lassen dürfen“, fasste Professor Ulrich Körtner von der Universität Wien zusammen. Er gehört zu den Mitautoren.

In der Schweiz gilt Suizid als Menschenrecht

Tötung auf Verlangen lasse sich aus christlicher Sicht nicht rechtfertigen, sagte Körtner. Ein Therapieverzicht oder ein Abbruch der Behandlung sei jedoch nicht nur ethisch akzeptabel, sondern manchmal auch geboten.

Weder aus rechtlicher, noch aus ethischer Sicht „haben wir das Recht, andere Menschen zum Leben oder Weiterleben zu zwingen“, so Körtner. Falls Menschen dennoch entschieden, ihr Leben zu beenden, sei es aber Aufgabe der Kirche, ihnen und ihren Angehörigen beizustehen.

Was heute selbstverständlich klingen mag, ist für beide Kirchen lange Zeit alles andere als selbstverständlich gewesen. Bis in die erste Hälfte des vergangenen Jahrhunderts hinein taten sie sich schwer damit, einen „Selbstmörder“ kirchlich zu beerdigen.

Vor anderen Aufgaben steht die Kirche in der Schweiz. Dort gilt der Suizid als Menschenrecht. Hier müsse Kirche immer wieder als Mahner auftreten, erklärte der Schweizer Theologe Frank Mathwig. „Für die Gesellschaft und den Staat darf der Schutz des Lebens nicht zu einer wählbaren Option werden.“