Berlin. Nur knapp mehr als die Hälfte der Deutschen vertrauen Bundespräsident Christian Wulff nach der Kredit-Affäre. Laut einer Umfrage gehen 50 Prozent davon aus, dass Wulff sein Amt missbraucht, um Freunden zu helfen. 73 Prozent halten einen Rücktritt des Bundespräsidenten allerdings nicht für nötig.

Eine knappe Mehrheit der Deutschen hat einer Umfrage zufolge noch Vertrauen in Bundespräsident Christian Wulff. 51 Prozent der Befragten hätten dem Staatsoberhaupt großes oder sehr großes Vertrauen ausgesprochen, berichtete die "Bild am Sonntag". 48 Prozent hätten hingegen nur noch geringes oder kein Vertrauen mehr in Wulff.

50 Prozent gehen demnach davon aus, dass er seine Ämter dazu nutzte, um Freunden behilflich zu sein. 48 Prozent glauben dies laut der Umfrage nicht. Einen Rücktritt Wulffs hielten dennoch 73 Prozent der Befragten nicht für notwendig. Die von Emnid geführte Umfrage ist laut "BamS" repräsentativ.

Weihnachtsansprache am Sonntag

Wulff war wegen eines Immobilienkredits von der Ehefrau eines befreundeten Unternehmers unter Druck geraten. Außerdem wird ihm vorgeworfen, in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident teilweise gratis Urlaub in Ferienhäusern und Villen befreundeter Unternehmer gemacht zu haben. Angesichts der wachsenden Kritik hatte er am Donnerstag mit einer Erklärung vor laufenden Kameras sein Schweigen in der Affäre gebrochen und Fehler zugegeben.

In seiner Weihnachtsansprache, die am Sonntag um 20.10 Uhr in der ARD ausgestrahlt wird, äußerte sich Wulff nicht zu der Affäre. Er rief die Bürger zu beherztem Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit in ihrem persönlichen Umfeld auf und warnte angesichts der Schuldenkrise in Europa vor nationalen Alleingängen.

Zentralrat der Juden lobt Weihnachtsansprache Wulffs

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, hat die Weihnachtsansprache von Bundespräsident Christian Wulff gelobt. Es sei "absolut wichtig und richtig", dass Wulff in seiner Weihnachtsansprache dem Thema Rechtsterrorismus besonders großen Raum einräumt, sagte Graumann am Samstag Handelsblatt Online. "Diese Haltung und die Stimme für das, was uns alle gemeinsam doch einen muss, brauchen wir heute auch dringender denn je."

Notwendig sei ein "resoluter Ruck gegen Rechts in der ganzen Gesellschaft, in den Köpfen und in den Herzen von uns allen", sagte Graumann. "Wer immer sich faschistisch engagiert oder rassistisch agitiert, muss wissen und spüren: Er ist sozial geächtet." Es sei immer noch schockierend, "dass ein faschistisches Killerkommando jahrelang nahezu unbehindert in unserer Mitte wüten konnte". Dies sei auch "ein schier unfassbares Desaster" für die Sicherheitsbehörden.

SPD: Wulff hat nicht die Wahrheit zu Nord-Süd-Dialog gesagt

Die niedersächsische SPD wirft Bundespräsident Christian Wulff vor, als Ministerpräsident im Landtag über die Verbindungen seiner Regierung mit der Veranstaltungsreihe Nord-Süd-Dialog nicht die Wahrheit gesagt zu haben. Der niedersächsische SPD-Fraktionsvorsitzende Stefan Schostok sagte "Bild am Sonntag": "Wir müssen jetzt davon ausgehen, dass wir möglicherweise angelogen worden sind." Wulffs damaliger und heutiger Staatssekretär Lothar Hagebölling hatte im Frühjahr 2010 im Landtag auf Anfrage der SPD über den Nord-Süd-Dialog erklärt: "Es handelt sich um eine Privatveranstaltung, es gibt keine Beteiligung oder Finanzierung durch das Land Niedersachsen."

Der Bundespräsident bestätigte jetzt durch seinen Anwalt Gernot Lehr auf Anfrage der Zeitung, dass er und seine Frau Bettina im Vorfeld des Nord-Süd-Dialogs 2009 bei einem Sponsorenessen dabei waren: "Im Interesse der Entwicklung des Wirtschafts- und Innovationsstandortes Niedersachsen hat die Nord/LB ein Essen veranstaltet, an dem auch der Ministerpräsident und seine Ehefrau teilgenommen haben." Die Opposition im niedersächsischen Landtag rechnet damit, dass Anfang des nächsten Jahres ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wird.

Der Verwaltungsrat der BW-Bank in Stuttgart regte derweil eine Überprüfung des Darlehns an Christian Wulff an, nachdem bekannt geworden war, dass der heutige Bundespräsident lediglich einen Zinsatz zwischen 0,9 und 2,1 Prozent zahlte. Claus Schmiedel, SPD-Fraktionsvorsitzender im baden-württembergischen Landtag und Verwaltungsrat der landeseigenen Bank, forderte Aufklärung: "Ich gehe davon aus, dass der Vorstand der BW-Bank in der nächsten Sitzung des Verwaltungsrates über den Kredit an Herrn Wulff und die Begleitumstände informiert. Spekulationen, dass es Sonderkonditionen für befreundete Ministerpräsidenten gibt, schaden der Bank." (afp/dapd)