Noch vor Kurzem galt Christian Lindner als Supertalent in der FDP, nun ist er zurückgetreten. Sein hastiger Rücktritt offenbart das Offensichtliche: Die FDP befindet sich im Auflösungsprozess. Lindners Rücktritt hilft nicht, denn Parteichef Philipp Rösler bleibt in der Schusslinie. Ein Kommentar.

Wenn nicht alles täuscht, befindet sich die FDP gerade im Zustand der Auflösung. Generalsekretär Christian Lindner, eben noch als politisches Supertalent gefeiert, räumt seinen Posten. Damit fällt in der krisengeschüttelten Partei der letzte Abwehrring um den selbst schwer angeschlagenen Vorsitzenden Philipp Rösler. Nur sieben Monate nach der Demontage des Parteichefs Guido Westerwelle haben die Liberalen eine neue Personaldebatte am Bein.

Lindner als Partei-Manager muss sich vorwerfen lassen, den Mitgliederentscheid falsch eingeschätzt zu haben. Die Parteispitze war offenbar der Meinung, den Aufstand der Euro-Skeptiker in den eigenen Reihen klein halten zu können. Mit kleinen Nickeligkeiten wollte man die Basis-Initiative ins Leere laufen lassen. Das ist gründlich daneben gegangen. Hierfür muss Lindner nun geradestehen.

Christian Lindners Rücktritt bringt Parteichef Philipp Rösler nicht aus der Schusslinie

Doch damit ist Parteichef Rösler nicht aus der Schusslinie. Er hat mit seinem arroganten Vorpreschen, als er den Mitgliederentscheid schon Tage vor Ablauf der Einsendefrist eigenmächtig für gescheitert erklärte, viel an Vertrauen und Kredit in der eigenen Partei eingebüßt. Sein ungeschicktes Verhalten bietet zudem ein Ventil für all jene Unzufriedenen in der Partei, die ohnehin daran zweifeln, ob Rösler der richtige Mann ist, um die FDP aus der tiefsten Krise ihres Bestehens zu führen.

Es wird also eng auch für Rösler. Gegen einen baldigen Wechsel an der FDP-Spitze spricht derzeit, dass sich keine Alternative aufdrängt. Brüderle, Bahr, Niebel, Leutheusser-Schnarrenberger – sie alle wäre keine Persönlichkeiten, denen ein erfolgversprechender Neuanfang zuzutrauen wäre. Nebenbei: Man möchte gern wissen, was Guido Westerwelle sich gerade so denkt…