Berlin. . Parlamentarier in Niedersachsen fühlen sich von Bundespräsident Christian Wulff wegen eines Immobilien-Darlehens hinters Licht geführt: Im Landtag in Hannover hatte der damalige Ministerpräsident geschäftliche Beziehungen zu Egon Geerkens abgestritten - sich aber von dessen Frau 500.000 Euro geliehen.

Bundespräsident Christian Wulff gerät wegen eines früheren 500.000-Euro-Kredits für sein Privathaus unter Druck. Oppositionspolitiker im niedersächsischen Landtag werfen ihm vor, als Ministerpräsident das Parlament „getäuscht“ oder „an der Wahrheit vorbei informiert“ zu haben. Hat das heutige Staatsoberhaupt früher „in einer Grauzone agiert“, wenn es um Hilfen von Freunden ging, wie die SPD mutmaßt? Wulff ließ gestern – noch von einem Staatsbesuch in Kuwait aus – alle Vorwürfe zurückweisen, doch ihm steht eine heikle Debatte bevor.

Im Weihnachtsurlaub 2009 war das Ehepaar Wulff in die Villa des niedersächsischen Unternehmers Egon Geerkens nach Florida gereist. Aus Gefälligkeit stuft die Fluggesellschaft Air Berlin die Wulffs ohne Aufpreis in die Business-Class hoch, ein Vorteil von gut 3000 Euro. Als die Sache rauskommt, räumt Wulff im Landtag nach kurzem Abwiegeln einen Verstoß gegen das niedersächsische Ministergesetz ein. Er zahlt das Geld zurück.

Geschäftliche Beziehungen ?

Die Opposition fasst nach und will von Wulff wissen, ob er geschäftliche Beziehungen zu Geerkens oder Air-Berlin-Chef Joachim Hunold unterhalte. Das lässt Wulff im Parlament offiziell verneinen: Es habe „in den letzten zehn Jahren keine geschäftlichen Beziehungen gegeben“.

Die Antwort könnte sich jetzt als nächster Fehltritt erweisen. Denn eine vertragliche Beziehung gab es sehr wohl, wenn formal auch nur zu Geerkens Ehefrau: Die hatte dem Ministerpräsidenten und seiner Frau Bettina 500.000 Euro geliehen, vor allem für den Kauf eines Hauses in Burgwedel in Hannover. Der Zinssatz von vier Prozent war ein Entgegenkommen, marktüblich waren nach Angaben des Bankenverbands rund fünf Prozent. Damit sparten die Wulffs rund 5000 Euro im Jahr. Ein Freundschaftsdienst: Wulff kennt die Geerkens seit Jahrzehnten, der Juwelier war schon Skatbruder von Wulffs Stiefvater.

Opposition ist empört

Doch im Landtag ist davon, vor allem vom Kredit, nicht die Rede. Erst als die Bild-Zeitung Wulff gestern einen Täuschungsversuch vorwarf, räumte sein Sprecher ein, es habe damals einen Privatkredit gegeben. Die Parlamentsanfrage sei aber „korrekt beantwortet“ worden – denn es sei ja nach geschäftlichen Beziehungen zu Geerkens gefragt worden, das Darlehen aber habe dessen Ehefrau aus Privatvermögen gegeben.

Die Opposition ist empört. Eine Lüge wirft dem Bundespräsidenten zwar niemand vor, aber: „Ich fühle mich im nachhinein getäuscht“, erklärt der niedersächsische Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel. Und im Bundestag sagt SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann: „Wulff hat nicht die ganze Wahrheit gesagt“, er müsse jetzt alle Fragen aufklären. Es scheint, als sei Wulff die Sache auch seltsam vorgekommen: Wenige Wochen nach der Anfrage löste er das bis 2013 laufende Darlehen ab. Wulff ahnt wohl, dass es noch ein Problem gibt: Er hat als Ministerpräsident Geerkens dreimal auf Auslandsreisen mitgenommen, obwohl sich der Osnabrücker Juwelier und Antiquitätenhändler 2003 zum Ruhestand in die Schweiz zurückgezogen hatte. Geerkens betonte gestern, er habe die Reisen selbst bezahlt.

Aber da ist nicht nur die Sache mit dem Florida-Flug. Wenige Wochen nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten bekam Wulff auch Ärger, weil er mit seiner Familie auf dem Anwesen des umstrittenen Finanzunternehmers Carsten Maschmeyer auf Mallorca Urlaub machte.