Durban. . Kokospalmen wachsen seit Jahrtausenden auf den Inseln im Pazifik. Sie liefern den Menschen seit jeher Nahrung, Baustoffe für die Hütten und Brennstoff fürs Feuer. Doch seit die Gletscher schmelzen, verdrängt salziges Meerwasser das Trinkwasser nicht nur auf Tuvalu. Die Palmen sterben schon jetzt.

Egal, was die Weltklimakonferenz in Durban ­beschlossen hat: Die kleinen Inselstaaten im Pazifik werden die ersten Opfer des ­steigenden Meeresspiegels. Frustriert machen sich die ­Delegierten auf die mehrtägige Heimreise. „Für uns ist es zu spät“, sagt Reverend Tafue Molu Lusama, Generalsekretär der Evangelischen Kirche des Südsee-Eilands Tuvalu. „Wir werden untergehen.“

Zwei Wochen lang hat der Geistliche die Verhandlungen der Klimadiplomaten verfolgt. Von morgens acht bis tief in die Nacht. Von Durban hat der Abgesandte Tuvalus nichts ­gesehen.

Und als der UN-Gipfel am Freitag immer noch um ein neues Abkommen rang, saß Reverend Lusama bereits im Flugzeug. Von Durban nach Dubai, über Australien und Neuseeland zurück nach Tuvalu. Drei Tage wird Lusama unterwegs sein. Gute Nachrichten hat er nicht im Gepäck.

Mitten im Ozean wird das Wasser knapp

Tuvalu und andere kleine Inselstaaten sind die großen Verlierer der UN-Klima-Konferenzen. Ihr eigener Beitrag am Ausstoß von Treibhausgasen ist kaum messbar, doch die Folgen der globalen Erwärmung treffen sie am stärksten. Als Klimazeugen werden sie vorgeführt, doch als Delegation haben sie keine politische Macht, um die Verursacher zum Einhalt zu zwingen. „Ich bin enttäuscht, wie sich einige große Indus-trieländer hier verhalten haben“, sagt Reverend Lusama.

Tuvalu, dieses kleine Paradies in der Südsee, muss erdulden, wie zynisch die Folgen des steigenden Meeresspiegels sind: Den Inselbewohnern geht das Wasser aus. „Unsere Regierung hat den Notstand ausgerufen. Das eindringende Salzwasser hat unsere Trinkwasser-Reserven erreicht. ­Zugleich erleben wir auf Tuvalu die schlimmste Trockenheit seit Menschengedenken“, berichtet der Geistliche. Weil der Regen ausbleibe und zugleich der Boden versalze, würden die Früchte nicht mehr wachsen. Die Kokospalmen sterben ab, Bananenplantagen trocknen aus.

Warten auf die Hilfspakete

Tuvalu hatte einst genug, um zu überleben. Nun ist das ­Eiland auf Hilfspakete angewiesen: „Wir warten wir auf das Flugzeug, das uns Entsalzungsanlagen, Wasser und ­Lebensmittel bringt.“

Am Rande des Klimagipfels in Durban haben die Dele­gierten der Inselstaaten die Folgen der Klimaveränderungen ­immer wieder gezeigt. ­Lusama berichtet, wie der Klimawandel Einzug hielt ins Paradies. „Die Korallen haben ihre Farbe verloren. Sie bleichen aus, weil die Meere Kohlendioxid aufgenommen haben und immer saurer geworden sind.“ Mit der Farbe wich das Leben: „Die Fischschwärme, von denen wir leben, sind weggezogen, tiefer ins Meer.“

Bald Klimaflüchtlinge?

Bei den politischen Verhandlungen unter dem Dach der Vereinten Nationen kämpften die reichen Länder nur darum, ihren eigenen Wohlstand zu bewahren, klagt Lusama. „Für uns ist das keine ökonomische Frage. Für geht es um Leben oder Tod.“ Land bedeute auf Tuvalu Leben. „Wenn Du es verlierst, hast Du nichts, was Du Deinen Kindern vererben kannst.“

Tuvalu werde sicher untergehen, glaubt der Reverend. „Die Wissenschaftler sagen uns, dass es für eine Rettung zu spät ist.“ Im Völkerrecht aber ist das Verschwinden eines Staates nicht eingeplant. Kein Gesetz, keine Konvention der Vereinten Nationen regelt, welchen Status und welche Rechte ein „Klimaflüchtling“ ohne Heimat hat.

„Hoffentlich der Anfang einer Lösung“

Reverend Lusama gibt die Hoffnung nicht auf, dass der Untergang Tuvalus jene zum Umdenken zwinge, die auf Klimagipfeln eine Einigung blockierten. „Unser Schicksal soll nicht umsonst gewesen sein“, sagt er. „Wenn wir der Beginn des Problems sind, dann können wir hoffentlich der Anfang einer Lösung sein.“