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Für die einen ist Josef Ackermann ein begnadeter Manager, der die Deutsche Bank sicher durch stürmisches Fahrwasser führte – und im Gegensatz zu anderen Kreditinstituten während der Finanzkrise keine Staatshilfen für die Bank in Anspruch nahm. Für die anderen ist Ackermann dagegen die personifizierte Fratze des Kapitalismus: Geldgierig, rücksichtslos und arrogant.

Dass er zum Buhmann für viele Menschen wurde, hat sich der 63-Jährige aber durchaus selbst mit kontroversen Gesten und Äußerungen zuzuschreiben. Wie beim Mannesmann-Prozess 2004, als auch gegen Ackermann wegen des Verdachts der Untreue ermittelt wurde. Damals ging das Bild durch die Öffentlichkeit, wie der Schweizer breit grinsend und feixend, seine Finger zu einem „V“ spreizte. Zwar beteuerte Ackermann später, er habe mit dem Siegeszeichen nur eine Geste von Michael Jackson imitiert, der zur gleichen Zeit vor Gericht stand. Viele haben Ackermann diese Aussage aber nicht abgekauft.

Staatsparty für Ackermann

Höchst umstritten war auch die Staatsparty zu Ackermanns 60. Geburtstag. Damals, im April 2008, hatte Kanzlerin Angela Merkel zu einem Essen zu Ehren des Deutsche-Bank-Chefs ins Kanzleramt eingeladen. Das Pikante dabei: Ackermann redete bei der Gästeliste mit und durfte dem Vernehmen nach Dutzende Freunde und Wirtschaftsbosse einladen. Feiern auf Staatskosten – das fanden viele Menschen wenig erbaulich bei einem Mann, dessen Einkommen im Jahr zuvor mit knapp 14 Millionen Euro beziffert wurde.

Für eine Welle der Empörung sorgte Ackermann auch 2005, als er nach einem Milliarden-Rekordergebnis der Deutschen Bank den Abbau von 6000 Stellen ankündigte. Die Folge waren harsche Kritik und wütende Proteste vor der Konzernzentrale in Frankfurt. Der Ausspruch „Mach Dich vom Acker, Mann“ zählte damals noch zu den freundlicheren Aufforderungen an den Mann, der von nun an für viele Leute das absolute Feindbild des Kapitalismus verkörperte. Nicht zuletzt auch deshalb, weil er schon Jahre zuvor ein Renditeziel von 25 Prozent für die Bank ausgerufen hatte.

Nicht gerade zur positiven Imagebildung trug ebenfalls Ackermanns Verhalten in der Finanzkrise 2008 bei. Damals wollte er zunächst nicht auf seine Bonuszahlungen verzichten. Erst auf öffentlichen Druck hin machte Ackermann einen Rückzieher – wobei es ohnehin fraglich war, ob er aufgrund der wirtschaftlichen Lagen der Bank überhaupt einen Bonus erhalten hätte.

Negative Symbolfigur

Auch für den Bankprofessor Wolfgang Gerke ist Ackermanns Verhalten der Grund dafür, dass ihm vielfach sogar Hass entgegenschlage. „Ackermann hatte nicht immer einen guten Medienberater“, sagte Gerke dieser Zeitung. Oft habe der Deutsche-Bank-Chef nicht die Konsequenzen seiner Äußerungen bedacht. „Dadurch ist er zur negativen Symbolfigur derjenigen geworden, die gegen das kapitalistische System sind.“

Allerdings müsse man Ackermanns Negativ-Image relativieren, meint Gerke. Schließlich habe er eine große Investmentbank erfolgreich durch die Krise geführt. Zudem sei der Schweizer, anders als in der Wahrnehmung vieler Menschen, sehr charmant. Und wie groß Ackermanns Stellenwert – auch in der Politik – sei, zeige sich daran, dass er Staatsoberhäupter berate. Wie zuletzt beim EU-Gipfel in Brüssel, als ein Schuldenschnitt für Griechenland beschlossen wurde.

In den letzten Jahren hat sich Ackermann nach Ansicht Gerkes auch um einen Imagewandel, unter anderem durch selbstkritische Auftritte in Talkshows, bemüht. Viel Zeit hat Ackermann aber nicht mehr, an seinem öffentlichen Selbstbild zu feilen: Im Mai gibt er den Vorsitz bei der Deutschen Bank ab.