Moskau. Die Partei des Wieder-Präsidenten Putin, “Einiges Russland“, ist bei den Parlamentswahlen abgewatscht worden. Dennoch erreichte sie die absolute Mehrheit. Ob es dabei mit rechten Dingen zugegangen ist, darf nach Berichten unabhängiger Beobchter bezweifelt werden.

Die Kreml-Partei Einiges Russland hat bei der Parlamentswahl am Sonntag nach amtlichen Angaben trotz deutlicher Verluste die absolute Mehrheit der Sitze errungen. Wie die Wahlkommission am Montag mitteilte, entfallen auf die Partei des Regierungschefs und Präsidenten im Wartestand, Wladimir Putin, 238 der insgesamt 450 Mandate im Unterhaus. Nach Einschätzung internationaler Wahlbeobachter gab es viele Unregelmäßigkeiten.

Das Wahlergebnis bedeutet für die Regierungspartei eine deutliche Schlappe. Einiges Russland verfügte bisher in der Staatsduma über die für Verfassungsänderungen erforderliche Zweidrittelmehrheit. Doch die jetzige absolute Mehrheit reicht der Putin-Partei aus, um alleine die Regierung zu bilden. Dabei können die übrigen Duma-Fraktionen - mit Ausnahme der Kommunistischen Partei - ebenfalls dem Putin-Lager zugerechnet werden.

Als Favorit ins Rennen - Zweidrittelmehrheit verloren

Die KP belegt mit 92 Sitzen den zweiten Rang, gefolgt von der Mitte-links-Partei Gerechtes Russland mit 64 Sitzen. Die ultranationalistische Liberal-demokratische Partei kommt auf 56 Abgeordnete. Die liberale Jabloko-Partei und andere nicht kreml-nahe Parteien scheiterten an der Sieben-Prozent-Hürde für den Einzug in die Duma.

Einiges Russland war bei der Wahl, die den Ämtertausch zwischen Putin und Staatschef Dmitri Medwedew einleiten soll, als Favorit ins Rennen gegangen. Zwar sagten die Umfragen deutliche Verluste voraus, doch das Ausmaß der Verluste kam überraschend. Auf der Grundlage der Auszählung von 96 Prozent der Wahllokale kam die Kreml-Partei auf 49,5 Prozent der Stimmen. Bei der Wahl vor vier Jahren waren es noch 64,3 Prozent gewesen. Putin, der bereits von 2000 bis 2008 Staatschef war, will sich im März erneut zum Präsidenten wählen lassen, Medwedew soll Regierungschef werden.

Stimmzettel, die nie abgegeben wurden

Nach Einschätzung internationaler Beobachter gab es bei der Wahl zahlreiche Unregelmäßigkeiten. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sprach von "häufigen Verfahrensverletzungen und Fällen offensichtlicher Manipulation". Unter anderem gebe es "ernsthafte Hinweise" auf zusätzliche Stimmzettel in den Wahlurnen, die von den Abstimmungsberechtigten gar nicht abgegeben wurden. Die OSZE-Beobachter beriefen sich auf die Überprüfung von 115 Wahlbüros.

Die Bundesregierung zeigte sich "sehr besorgt" über die Angaben der OSZE-Beobachter. Vizeregierungssprecher Georg Streiter sagte, die Bundesregierung rechne damit, dass die aufgeworfenen Fragen "befriedigend aufgeklärt" würden. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Rupert Polenz (CDU), beklagte "massive Behinderungen der Opposition" bei der Parlamentswahl. Dass Einiges Russland dennoch starke Stimmenverluste erlitten habe, zeige, "wie sehr die Unzufriedenheit in der Bevölkerung über Putin gewachsen ist", sagte Polenz. Der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Andreas Schockenhoff (CDU), erklärte: "Der Verlauf der Wahlen gibt Anlass zu ernster Sorge über die innere Entwicklung in Russland."

Die Kommunistische Partei Russlands zieht wegen massiven Wahlbetrugs bei der Parlamentswahl vor Gericht. Nach Veröffentlichung des amtlichen Ergebnisses durch die zentrale Wahlkommission werde die Klage beim Obersten Gerichtshof eingereicht, sagte der Erste Vizepräsident der Partei, Iwan Melnikow. Die Partei werde außerdem vor örtlichen Gerichten wegen Wahlverstößen in mindestens 1600 Wahllokalen klagen. (afp)