London/Berlin. . Nach der Stürmung der britischen Botschaft in Teheran eskaliert der Konflikt zwischen Großbritannien und dem Iran. Iranische Diplomaten müssen Großbritannien verlassen, die britische Botschaft in Teheren wird geschlossen. Deutschland stellt sich demonstrativ an die Seite des Partners.

Nach der Stürmung der britischen Botschaft in Teheran eskaliert der Konflikt zwischen Großbritannien und dem Iran. Außenminister William Hague kündigte am Mittwoch an, dass alle iranischen Diplomaten innerhalb von 48 Stunden Großbritannien verlassen müssen, London schließt darüber hinaus seine Botschaft im Iran.

Die USA und der Weltsicherheitsrat verurteilten den Angriff iranischer Demonstranten auf die britische Botschaft. US-Außenministerin Hillary Clinton sprach von einem „Affront gegen das britische Volk und die Internationale Gemeinschaft“. Der Weltsicherheitsrat forderte Iran auf, ausländische Diplomaten besser zu schützen und weitere Übergriffe zu verhindern.

Aus Protest gegen den Angriff rief Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) den deutschen Botschafter in Teheran gestern „zu Konsultationen“ nach Berlin zurück. Irans Botschafter in Berlin wurde ins Auswärtige Amt einbestellt.

Nach Angaben des deutschen Außenministeriums wurden die Sicherheitsvorkehrungen in der deutschen Vertretung inzwischen verschärft. Die deutsche Schule in Teheran, die ebenfalls vom Angriff betroffen war, soll vorerst geschlossen bleiben. Norwegen schloss seine Botschaft in Teheran aus Sicherheitsgründen. Auch Italien erwog gestern einen solchen Schritt.

Bei den Krawallen am Dienstag hatten Demonstranten Scheiben der britischen Botschaft eingeworfen, Brandsätze gezündet und die britische Fahne verbrannt. Das iranische Außenministerium sprach zwar sein Bedauern aus und versprach, für die Sicherheit von Diplomaten zu sorgen. Parlamentspräsident Ali Laridschani kritisierte jedoch den UN-Sicherheitsrat für eine nach seinen Worten voreilige Verurteilung der Erstürmung durch Studenten. Nahost-Experten erklärten gestern, dass der Gewaltausbruch ohne die Tolerierung der iranischen Führung kaum möglich gewesen sei. „Der Angriff hat sich zwar aus dem Mob heraus entwickelt. Ohne eine gewisse Zustimmung von ganz oben wäre ein solcher Angriff aber wohl undenkbar“, sagte Konstantin Kosten, Iran-Experte der Friedrich-Ebert-Stiftung, dieser Zeitung.

Außer Kontrolle

Hinter den Übergriffen stehen offenbar radikale „Basij“-Gruppen, die sich nach Einschätzung von Experten kaum noch von der iranischen Politik kontrollieren lassen wollen. Walter Posch von der Stiftung Wissenschaft und Politik erinnerte daran, dass die Beziehungen zwischen Großbritannien und Iran seit Jahrzehnten extrem belastet seien. Großbritannien werde von den Radikalen ähnlich verachtet wie Israel und die USA. Besonders Besorgnis erregend ist, dass bei den Ausschreitungen offenbar auch Polizisten und Revolutionsgarden beteiligt waren, stellt Posch fest.

Seiner Einschätzung nach sind die radikalen studentischen Gruppen, von denen die Gewalt in Teheran größtenteils ausging, tief frustriert, weil sie im Iran nicht den Anteil an der Macht haben, der ihnen ihrer Meinung nach zusteht. Und Ahmadinedschad, der im Westen als Hardliner gilt, ist diesen radikalen Gruppen offenbar noch viel zu diplomatisch. Posch glaubt: „Dieser Konflikt kann durchaus noch weiter hochkochen.“

Konstantin Kosten von der Ebert-Stiftung ergänzt: „Die Lage ist tatsächlich ernst. Erstmalig wurde nach der Besetzung der US-Vertretung vor 32 Jahren wieder eine Botschaft gestürmt.“ Demonstrationen vor der britischen Botschaft gebe es indes schon seit langem. Im Abstand von zwei oder drei Wochen versammelten sich Protestierende vor dem Gebäude. Kosten: „Vor den USA galt Großbritannien in Iran als der große Satan.“(mit afp und dapd)