Essen. Das Jenaer Neonazi-Trio konnte unerkannt bleiben, weil es Helfer hatte. Gestern hat die Polizei den vermeintlichen Mann im Hintergrund gefasst: Ralf Wohlleben. Da er eine wichtige Rolle bei der NPD gespielt hat, ist eine Querverbindung zwischen der Partei und den Mördern belegt .

400 Fahnder von Bundes- und Landeskriminalämtern sind derzeit bundesweit unterwegs, um die Netzwerke und Straftaten des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) aufzuklären. Sie nennen sich „Besondere Aufbauorganisation Trio“ – nach den drei Tätern, die anfangs alleine für die sechs „Döner-Morde“ und die Tötung der Polizistin Michèle Kiesewetter verantwortlich gemacht wurden.

Um sieben Uhr gestern früh schlug „BAO Trio“ in der Jenaischen Straße im thüringischen Altlobeda zu. Der Vierte ging ins Netz: Ralf Wohlleben. Die Bundesanwaltschaft verdächtigt den 36-jährigen Familienvater der Beihilfe zum Mord in sechs Fällen und zu einem versuchten Mord. Stunden später stand er vor dem Haftrichter des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe.

Er ist politisch ein dicker Fang. Wohlleben, bekennender Neonazi, war – vor einem möglicherweise fingierten Austritt aus der Partei „aus privaten Gründen“ – Vize der NPD in Thüringen und auch deren Pressesprecher. Erstmals gibt es damit Belege für die Vermutung, dass die rechte Partei, deren Verbot bisher misslang, personell einen direkten Draht in eine Organisation hatte, die der Generalbundesanwalt eine terroristische Vereinigung nennt und der er mehrfachen Mord vorwirft.

Stimmen die Vorwürfe, ist Wohlleben nicht nur Unterstützer oder Sympathisant der Truppe, sondern Mittäter. Nach außen hin organisierte der Informatiker gerne den „Thüringentag der nationalen Jugend“ oder auch das „Fest der Völker“. Tatsächlich aber scheint er gemeinsam mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die beide tot sind, und der in Köln in Haft sitzenden Beate Zschäpe der Knoten eines Netzwerks zu sein, das nationale und rassistische Propaganda mit brutaler Gewalt und Mord verknüpfte.

Einiges spricht dafür, dass die Gruppe weitere Verbindungen hatte: Zu Claus Nordbruch, einem Ex-Fallschirmspringer und rechtsnationalistischen Publizisten, der in Südafrika auf seiner Farm lebt, Bücher wie „Die Judenfrage“ schrieb und auf seiner Homepage gegen die „Inländerfeinde“ in Deutschland wütet. Zu dem Unterstützer Holger G., der wie Zschäpe in Haft sitzt, auch zu Thüringens NPD-Chef Frank Schwert und zu dem Jenaer Neonazi und Anführer der „Kameradschaft Jena“ , Andre Kapke.

Kontakte lange bekannt

Wer von ihnen was wusste und welche Spuren die BAO Trio davon weiter verfolgt, bleibt vorerst offen: Aus „ermittlungstechnischen Gründen“ sagt das Bundeskriminalamt (BKA) nichts. Kapke steht aber „unter Beobachtung“, erfuhr die WAZ

Im Bundestag ist von den Fraktionen gefragt worden, warum die Sicherheitsbehörden erst jetzt auf die mutmaßlichen nazistischen Mörder aufmerksam wurden. Die Frage ist auch im Fall Wohlleben angebracht. Schon am 29. März 2000, vor elf Jahren, stellte die „Jugend Aktions- und Projektwerkstatt Jena“ in einer Presseerklärung fest, der Kandidat Ralf Wohlleben, der sich um die Wahl in den Ortschaftsbeirat Winzerla bemühe, sei nicht nur Mitglied im Thüringer „Heimatschutz“, sondern habe Verbindungen zu „den drei neonazistischen BombenbastlerInnen, deren Sprengstoffwerkstatt 1998 von der Polizei ausgehoben wurde“.

Die Drei hießen: Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe.