Gorleben/Berlin. Beim vorerst letzten Castor-Transport sind nach offiziellen Angaben etwa hundert Polizisten verletzt worden. Die Sanitäter der Castor-Gegner spricht von 355 verletzten Demonstranten. Die Bürgerinitiative kündigt an, dass die Proteste weitergehen sollen.
Nach dem Castor ist vor dem Castor: Auch nach dem vorerst letzten und zugleich längsten Atommüll-Transport ins niedersächsische Gorleben wollen die Atomkraftgegner ihre Aktionen fortsetzen. Unmittelbar nach Ankunft der elf Castor-Behälter im atomaren Zwischenlager im Wendland kündigte Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg am Montagabend auf einer Pressekonferenz der Anti-Atomkraft-Initiativen in Trebel an: „Der Castor-Transport ist am Ende, wir noch lange nicht.“
Jochen Stay von der Organisation „ausgestrahlt“ betonte, der heftige Widerstand der vergangenen Tage stehe für die verbreitete Ablehnung eines Endlagers in Gorleben. Er sprach von „immensen Risiken“ einer Lagerung „im maroden Salzstock“.
100 Polizisten und mehr als 300 Aktivisten verletzt
Unterdessen kritisierte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) die seiner Einschätzung nach zunehmende Gewalt militanter Demosntranten. Beamte seien in „ziemlich brutaler Form“ attackiert worden. Das habe es bei Castor-Zeiten „so“ noch nicht gegeben.
Etwa hundert Polizisten seien verletzt worden.15 bis 20 seien außerdem dienstunfähig. Die Sanitätsgruppe der Castor-Gegner sprach wiederum von 355 verletzten Demonstranten. Die meisten von ihnen hätten Verletzungen durch Pfefferspray oder Schlagstöcke erlitten.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist entsetzt über die gewalttätigen Auseinandersetzungen beim jüngsten Castor-Transport. „Der Hass und die Gewalt, die meinen Kolleginnen und Kollegen von einzelnen autonomen Gruppen entgegenschlug, waren ohne Beispiel. Es ist bedrückend, dass sich auch Politiker und Bürgerinitiativen nicht eindeutig von dieser Gewalt distanziert haben“, bilanzierte der GdP-Bundesvorsitzende Bernhard Witthaut am Dienstag. Witthaut forderte ein „politisches Nachspiel“.
„Ohne Frage der härteste Einsatz“
„Für die Polizei war es ohne Frage der härteste Einsatz, seit die Castor-Transporte stattfinden mussten“, sagte Schünemann am Abend in Dannenberg. Neben 8.000 friedlichen Demonstranten hätten die Beamten „über 450 autonome Chaoten aus dem ganzen Bundesgebiet“ erlebt. Die hätten zudem Hunderte zunächst friedliche Demonstranten „angesteckt“.
Der Castor-Transport war als längster in der Geschichte der Atommüll-Rückführung nach Gorleben am Montagabend um 22.06 Uhr im atomaren Zwischenlager eingetroffen. Gut 125 Stunden nach dem Start an der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague brauchten die elf Castoren mit dem hoch radioaktiven Abfall.
Negativ-Zeitrekord deutlich geknackt
Den Castor-Transport nach Gorleben haben rund 20.400 Polizisten schützen müssen. Am fünftägigen Castor-Einsatz hätten sich 12.405 Polizeibeamte der Länder und 8.010 Bundespolizisten beteiligt, sagte der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) am Dienstag in Dannenberg. Auch die Kosten des Einsatzes bewegten sich in der Größenordnung des vergangenen Jahres.
Man rechne „erneut mit einer Belastung der Landeskasse durch den Polizeieinsatz von etwa 33,5 Millionen Euro“, sagte Schünemann. Höheren Personalkosten stünden geringere Ausgaben für Unterkünfte der Beamten gegenüber. Die zusätzlich vom Bund zu tragenden Einsatzkosten seien schwierig berechnen, erklärte die Bundespolizei. (dapd)