Madrid. Nach einem Erdrutschsieg der Konservativen Volkspartei bei der Parlamentswahl wird Spitzenkandidat Mariano Rajoy Nachfolger von Jose Luis Zapatero im Amt des Ministerpräsidenten. Rajoy profitierte von den unpopulären Sparmaßnahmen, die die Sozialisten wegen der Schuldenkrise beschlossen haben.
Mariano Rajoy gilt nicht gerade als mitreißendes Temperament. Der 56-jährige lispelnde Konservative aus der Pilgerstadt Santiago de Compostela im nordspanischen Galicien ist kein sonderlich guter Redner und hat das Image eines vorhersehbaren Technokraten. Noch dazu war es keine leichte Bürde, als zweifacher Verlierer am Sonntag bei der vorgezogenen Parlamentswahl ein drittes Mal anzutreten. Doch der Spitzenkandidat der konservativen Volkspartei (PP) fuhr schließlich einen haushohen Sieg ein.
Laut Nachwahlbefragungen holten die Konservativen 181 bis 185 Mandate im 350 Sitze zählenden Abgeordnetenhaus. Damit sicherten sie sich einen großen Vorsprung vor der sozialdemokratisch ausgerichteten Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE) des scheidenden Regierungschefs José Luis Rodríguez Zapatero, die den Umfragen zufolge nur mit 115 bis 119 Sitzen rechnen konnte. Rajoy soll nun als Nachfolger von Zapatero, dem er zweimal unterlag, am 20. Dezember als neuer Ministerpräsident vereidigt werden.
Die Sozialisten hatten mit ihrem 60-jährigen Spitzenkandidaten, dem früheren Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba, durchaus ein rhetorisches Talent auf den Schild gehoben. In anderen Zeiten wäre er unschwer als Erbe Zapateros durchgegangen. Doch unpopuläre Maßnahmen in den vergangenen Monaten wie die Anhebung des Renteneinstiegsalters und Gehaltskürzungen bei Staatsbediensteten brachten viele Wähler gegen die Sozialisten auf. Und auch die Arbeitslosenquote von zuletzt 21,5 Prozent lasteten die Wähler der seit mehr als sieben Jahren amtierenden Zapatero-Regierung an. Alle Umfragen sagten den Konservativen einen überwältigenden Sieg voraus.
Schon unter Aznar in der Regierung
Im Fernsehduell zwischen den beiden Spitzenkandidaten am 6. November, Rubalcabas letzter Chance, dass Ruder herumzureißen, ging es fast ausschließlich um Wirtschafts- und Sozialpolitik. Rajoy sprach von einer "unerträglichen Lage" des Landes "mit fünf Millionen Menschen ohne Arbeit". Den Sozialisten hielt er ein ums andere Mal vor, das Wirtschaftsleben ruiniert und weitere Staatsschulden verursacht zu haben. Umfragen nach dem Sieger des Duells befanden, dass Rajoy mit fünf Prozentpunkten in Führung lag. Die Tageszeitung "ABC" befand, Rubalcaba habe den Kandidaten der Konservativen angestarrt, als ob dieser bereits seine "Regierungserklärung" abgebe.
Dabei liegen Rajoy und Rubalcaba in einigen Fragen gar nicht so weit auseinander. Im Umgang mit der baskischen Untergrundorganisation ETA, die im Oktober nach mehr als vier Jahrzehnten das "definitive Ende ihrer bewaffneten Aktivitäten" verkündete, dürfte sich Rajoy beispielsweise von der bisherigen Regierungslinie kaum entfernen. Aus seiner Sicht gibt es im Baskenland "keinen politischen Konflikt", sondern nur eine "Bande von Kriminellen", die ihre Linie durchzusetzen versucht habe.
Der Jesuitenschüler und spätere Jurist Rajoy verdiente sich seine politischen Sporen in jungen Jahren als Mitglied der von Sympathisanten des spanischen Diktators Francisco Franco gegründeten Partei der Volksallianz. Später war er Abgeordneter im autonomen Parlament Galiciens. Im ersten Kabinett des rechtskonservativen Regierungschefs José María Aznar von 1996 bis 2000 stieg Rajoy zum Bildungs- und Kulturminister auf. In Aznars zweiter Amtszeit bis 2004 war er Vize-Regierungschef und hatte von 2001 bis 2002 zusätzlich das Amt des Innenministers inne.
Privat liebt Rajoy nach eigenen Angaben Zigarren, Radfahren und den Fußballklub Real Madrid. In die Schlagzeilen geriet er im Dezember 2005, als er einen Hubschrauberabsturz in der Nähe von Madrid unbeschadet überstand - bis auf einen ausgekugelten Mittelfinger.