Beim Landesparteitag in NRW bezieht die junge Organisation erste inhaltliche Positionen: Weg vom Image der reinen Internet-Partei lautet das Credo. Gefordert wird eine liberalere Drogenpolitik, eine umweltfreundliche Energie - und man grenzt sich von Radikalen ab.
Düsseldorf/Soest. Der NRW-Landesverband der Piratenpartei hat bei einem Parteitag in Soest erste inhaltliche Positionen bezogen. Die etwa 270 Teilnehmer sprachen sich für eine liberalere Drogenpolitik aus und forderten eine umweltfreundlichere Energieversorgung. Umstrittenen Erdgasbohrungen nach dem Fracking-Verfahren erteilten sie eine Absage. Klar grenzte sich der Parteitag von Mitgliedern mit radikaler Gesinnung ab: „Damit ist wohl endgültig klar geworden, dass wir keine extremistischen Spinner in der Piratenpartei wollen“, sagte Landeschef Michele Marsching. Strittig bleibt die Organisationsform der Piratenpartei, die eine Aufteilung in weitgehend unabhängige Internet-Kleingruppen bislang als „Markenkern“ betrachtet.
Michele Marsching könnte man übrigens leicht für einen Abgeordneten der Grünen halten. Dreitagebart, randlose Brille, unkompliziert im Umgang, klar in der Sprache. Nur die leuchtend orange Trainingsjacke mit dem schwarzen Segel-Logo und die Visitenkarte weisen den 33-jährigen IT-Ingenieur als Landeschef der Piratenpartei aus.
Noch vor eineinhalb Jahren, als die Piraten bei der Landtagswahl kümmerliche 1,6 Prozent der Stimmen erreichten, saß Marsching einer der unzähligen Splitterparteien vor. Seit dem Sensationserfolg bei den Berliner Abgeordnetenhaus-Wahlen sind die Piraten jedoch auch in NRW zum Umfragephänomen gewachsen: Sie werden stabil bei sieben bis neun Prozent gemessen. Die Mitgliederzahl hat sich auf etwa 3000 verdoppelt.
Weg vom Image der reinen Internet-Partei
Kein Wunder, dass am Wochenende viele erstmals zu einem Landesparteitag der Piraten nach Soest schauten. Im dortigen Rathaus trafen sich etwa 270 Mitglieder zur Selbstfindung. „Wir wollen Politik für jedermann machen“, lautet Marschings Anspruch. Also weg von der Reduzierung auf Freiheitsfragen im Internet.
Herausgekommen ist eine Mischung, die man irgendwo zwischen Linkspartei, Grünen und SPD ansiedeln muss. In der Drogenpolitik wollen die NRW-Piraten „neue Wege gehen“. Die Unterscheidung in legale und illegale Stoffe soll weitgehend aufgehoben werden. Umweltpolitisch setzen die Piraten auf eine weitgehend regenerative Energieversorgung.
Fast wichtiger als die Programmatik bleibt eine zentrale Frage: „Sind wir eine normale Partei und wenn ja, was für eine?“ Eilig grenzte sich der Parteitag von einem Scientology-Mitglied in den eigenen Reihen ab. „Damit ist wohl endgültig klar geworden, dass wir keine extremistischen Spinner in der Piratenpartei wollen“, sagte Marsching.
Umstritten ist die Organisationsform: Das Arbeiten in kleinen, weitgehend autonomen lokalen Einheiten wollen viele als „Markenkern“ retten. Selbst wenn Realisten wie Frontmann Marsching zu ahnen scheinen, dass nur eine klassische Parteiarchitektur zu dauerhaftem Erfolg verhelfen dürfte.