Als Philipp Rösler noch Bundesgesundheitsminister war, rief er 2011 zum „Jahr der Pflege“ aus. Das klang nach Tatendrang, nach Entschlossenheit, nach all dem also, was nötig ist, um die Pflege zukunftsfest zu machen. Die Reform, auf die sich Schwarz-Gelb nun nach zähem Ringen geeinigt hat, hat nichts davon. Sie ist ein Zeugnis der mut- und kraftlosen Politik, die zum Markenzeichen dieser siechen Koalition geworden ist.

Nur zur Erinnerung: In 20 Jahren werden schätzungsweise 3,4 Millionen Menschen auf Pflege angewiesen sein, das sind über eine Million mehr als heute. Schon jetzt fehlt Pflegepersonal an allen Ecken und Enden; diejenigen, die professionell pflegen, arbeiten allzuoft am Limit. Gleiches gilt für pflegende Angehörige.

Um Pflege für alle Beteiligten menschenwürdig zu gestalten, braucht es Geld. Viel mehr Geld als die 1,1 Milliarden Euro, die Schwarz-Gelb ab 2013 zusätzlich ins System spülen will. Dieser Aufschlag reicht nicht einmal aus, um den Betreuungsaufwand für Demenzkranke zu finanzieren, deren besondere Pflegebedürftigkeit die Politik endlich honoriert. Um Pflege zukunftsfest zu machen, wäre das Vier- bis Fünffache nötig, schätzen Experten.

Schwarz-Gelb verschiebt das Problem einfach in die Zukunft und behilft sich fürs Erste mit der simplen Anhebung der Beitragssätze. Zudem setzt Röslers Nachfolger Daniel Bahr auf eine staatlich gesponserte private Zusatzversicherung. Heißt: Wer es sich leisten kann, privat vorzusorgen, wird vom Staat unterstützt; wer zu arm dazu ist, geht leer aus. Verkehrte Welt.

Für Pflegekräfte hat Bahr nur das vage Versprechen parat, dass ihr Beruf entbürokratisiert werden soll. Ein richtiger Ansatz, sicher, aber blutleer – und ohne weitere Maßnahmen nicht ausreichend, um den Beruf attraktiver zu machen.

Und pflegende Angehörige? Ihnen könnte die Familienpflegezeit helfen, sich eine Auszeit vom Beruf zu nehmen, um sich daheim pflegebedürftigen Verwandten zu widmen. Einen Rechtsanspruch darauf haben sie aber nicht.

Die Pflege bleibt, was sie vor dem „Jahr der Pflege“ war: ein Pflegefall.