Athen. Nach ihrer dramatischen Einigung in letzter Minute auf eine Übergangsregierung bleibt den beiden wichtigsten Parteien Griechenlands keine Atempause: Noch am Montag soll der Name des neuen Ministerpräsidenten und die Zusammensetzung des Kabinetts bekanntgegeben werden. Als Favorit wird der frühere EZB-Vizepräsident Lucas Papademos gehandelt.

Der frühere EZB-Vizepräsident Lucas Papademos ist Medienberichten zufolge Favorit für die Nachfolge des scheidenden griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou. Papademos werde schon am Dienstag das Amt übernehmen, berichtete die Tageszeitung "Ta Nea" in ihrer Montagausgabe ohne Angabe von Quellen. Auch der Tageszeitung "Ethnos" zufolge deuten "alle Quellen" auf Papademos hin.

Der Ökonom war von 1994 und 2002 Chef der griechischen Zentralbank. Während seiner Amtszeit gelang es, die vergleichsweise hohe Inflation in Griechenland in den Griff zu bekommen. Er wurde 2002 Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB), aus dem er Ende 2010 turnusgemäß ausschied.

Übergangsregierung soll Griechenland aus Finanzkrise führen

Nach einer beispiellosen politischen Achterbahnfahrt soll in Griechenland eine Übergangsregierung unter neuer Führung den Staatsbankrott abwenden und die Umsetzung des EU-Rettungspakets gewährleisten: Darauf haben sich am Sonntagabend unter Vermittlung von Staatspräsident Karolos Papoulias Ministerpräsident Giorgos Papandreou und Oppositionsführer Antonis Samaras geeinigt. Die Übergangsregierung soll ferner den Weg zu Neuwahlen Anfang kommenden Jahres ebnen, teilte das Präsidentenamt mit. Papandreou werde zurücktreten.

Die Vereinbarung ist ein neues Kapitel in einem Politdrama, das in den vergangenen Tagen die internationale Gemeinschaft und die Märkte in Unruhe versetzt hatte. Papandreou und Samaris wollen im Laufe des Montags sondieren, wer die von ihren beiden Parteien unterstützte Übergangsregierung führen und wer dem neuen Kabinett angehören soll. Bei einem Treffen in der Nacht von Finanzminister Evangelos Venizelos und Oppositionsvertretern wurde der 19. Februar als "geeignetster Wahltermin" genannt.

"Natürlich ist das ein Durchbruch", sagte Regierungssprecher Elias Mossialos zu dem Deal. "Es ist ein historischer Tag für Griechenland, wir werden sehr bald eine Koalitionsregierung haben, Anfang der Woche." Die griechischen Parteien hatten sich um ein halbwegs positives Ergebnis vor einem Treffen der Finanzminister der Eurozone an diesem Montag bemüht. In direkten Gesprächen war ihnen das allerdings nicht gelungen, erst Papoulias' Initiative führte aus einer zweitägigen Blockade.

"Zielvorgaben erfüllt"

Papandreou hatte vergangene Woche einen politischen Aufruhr weit über Griechenland hinaus mit der Ankündigung eines Referendums über die mühsam ausgehandelte Neufassung des EU-Rettungspakets ausgelöst. Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone hätte nach Befürchtung einiger EU-Staaten eine unberechenbare Kettenreaktion auslösen können, in der andere hoch verschuldeten Staaten wie Italien ins Chaos hätten stürzen können. Die Kreditkosten für Italien stiegen vergangene Woche prompt.

Am Donnerstag zog Papandreou seinen Referendumsvorschlag zurück, auch unter dem Eindruck von Protesten in seiner eigenen sozialistischen Partei, aus deren Reihen Rücktrittsforderungen laut wurden. Auf der anderen Seite wurde die konservative Opposition dazu gebracht, öffentlich ihre Unterstützung für den EU-Rettungsplan zu erklären. Sozialisten und Neue Demokratie sollten nun für die Übergangsregierung eine stabile Mehrheit für die notwendigen Beschlüsse und Reformen haben. Am Freitag überstand Papandreou eine Vertrauensabstimmung.

Aus Oppositionskreisen verlautete zu der Einigung: "Unsere zwei Zielvorgaben wurden erfüllt: der Rücktritt Papandreous und Wahlen." (rtr/dapd)