Düsseldorf. Die FDP veranstaltet rund 50 Treffen quer durch die Republik. Sie sollen das Wissen über die komplizierte Materie der Euro-Krise vermitteln, denn die Partei lässt ihre bundesweit 65 000 Mitglieder bis Mitte Dezember per Brief abstimmen – Für oder gegen den Rettungsschirm?
30 Seiten stark und alleine für Deutschland im Ernstfall 190 Milliarden teuer ist der „Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsfonds“. Das Papier stellt den Rettungsschirm für Euro-Staaten dar, die in finanzielle Schwierigkeiten kommen. Es hat keine Ausstiegsklausel und es gilt unbegrenzt. Der Bundestag soll dafür im nächsten Frühjahr grünes Licht geben. Burkhard Hirsch hat den ESM-Kontrakt einem „renommierten Düsseldorfer Wirtschaftsprüfer“ zugesandt, erzählt der FDP-Politiker. Der habe ihn gelesen „und sofort die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen“. Hirsch spricht vom „Unheil“, was auf Dauer drohe, „mit der Währung darf man nicht spielen“. Er sagt: „Wir müssen dieses Kasino schließen.“
Es sind solche Sätze, die in dem überfüllten kleinen Hinterzimmer des Hotels „Best Western“ in Mettmann ziemlich gut wirken. Die FDP veranstaltet derzeit rund 50 solcher Treffen quer durch die Republik. Sie sollen das Wissen über die komplizierte Materie der Euro-Krise vermitteln, denn die Partei lässt ihre bundesweit 65 000 Mitglieder bis Mitte Dezember per Brief abstimmen – Für oder gegen den Rettungsschirm? – und wie sich die liberalen Abgeordneten im Frühjahr bei der Abstimmung verhalten sollen. Beteiligen sich mindestens 22 000 an dieser „Briefwahl“, hat das Votum die Kraft eines Parteitagsbeschlusses.
Die Rettungsschirm-Debatte spaltet die Freidemokraten. Burkhard Hirsch, der alte Kämpfer um Bürgerrechte, ist jetzt zum Kämpfer gegen den ESM geworden. Sein ewiger enger Kumpan Gerhard Baum steht auf der anderen Seite. In Mettmann argumentiert Alexander Alvaro für den Vertrag. Er ist FDP-Abgeordneter im Europaparlament, vertritt hier die Position des Berliner Parteivorstandes. Er wirbt für die Frieden schaffende Kraft der europäischen Einigung und warnt vor den Folgen und den Kettenreaktionen, wenn Europa einen Staat pleitegehen lässt: „Wenn der Ballon platzt, treffen uns die Fetzen.“
Brisante Zweifel
Der Ton ist sachlich, der Trend klar: Eine erdrückende Mehrheit äußert sich kritisch zu dem, was Deutschland da unterschreiben soll. Da kommen plötzlich brisante Zweifel auf. Was ist, wenn eine Mehrheit der FDP-Mitglieder den Antrag der „Euro-Rebellen“ unterstützt? Dass dann „die FDP aus der Bundesregierung ausscheiden muss“, die „Regierung auseinander fällt“, das setzen einige der liberalen Zuhörer in Mettmann offenbar wie selbstverständlich voraus.