Berlin. . Steuersenkungen lehnt die Bundesregierung weiter ab, aber auf der Suche nach Entlastungen ist sie an anderer Stelle fündig geworden: Der Solidaritätszuschlag soll gekürzt werden.
Die Spitzen der schwarz-gelben Koalition erwägen eine Absenkung des Solidaritätszuschlags, um die Bürger zu entlasten. FDP-Chef Philipp Rösler signalisierte am Montag Zustimmung zu einem solchen Vorgehen, mit dem die Koalition eine Blockade im Bundesrat umgehen könnte. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will nach „Bild“-Informationen am Sonntag beim Spitzentreffen der Koalition für eine Senkung des „Soli“ werben.
Rösler sagte dem „Hamburger Abendblatt“ (Dienstagsausgabe), für seine Partei zähle vor allem, dass die Bürger steuerlich entlastet werden. „Dabei ist nicht entscheidend, ob wir diese über die Einkommensteuer, eine Absenkung des Solidaritätszuschlags oder einer Kombination aus beidem schaffen“, sagte Rösler. Er rechne damit, dass sich die Koalition bei dem Spitzentreffen am Sonntag „abschließend“ auf eine Entlastung der unteren und mittleren Einkommen einigen werde.
Bundesrat bleibt außen vor
Wie die „Bild“-Zeitung unter Berufung auf das Bundeskanzleramt berichtete, zieht Merkel eine Änderung beim Solidaritätszuschlag einer Senkung der Einkommenssteuer vor, weil der Zuschlag auch ohne Zustimmung des Bundesrats gesenkt werden könne, wo Schwarz-Gelb keine Mehrheit hat. Eine Option wäre demnach eine höhere Steuerfreigrenze, ab der die Abgabe gezahlt werden müsse. Möglich sei aber auch die Senkung des Satzes von derzeit 5,5 Prozent. Vizeregierungssprecher Georg Streiter sagte dazu, von einer Vorfestlegung der Kanzlerin vor dem Koalitionstreffen sei ihm nichts bekannt.
Die Koalitionspartei CSU hatte bereits ein eigenes Steuerkonzept vorgelegt, das Entlastungen durch ein Abschmelzen des Solidaritätszuschlages vorsieht. Die Christsozialen hatten dem von Rösler und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Ende Oktober vorgelegten Plan zur Abschwächung der sogenannten kalten Progression bei der Einkommenssteuer ihre Unterstützung verweigert. Für den Plan von Schäuble und Rösler wäre zudem die Zustimmung des Bundesrats nötig, wo bislang keine Mehrheit für eine Steuersenkung in Sicht ist. Der Plan der beiden Minister sei aber noch nicht vom Tisch, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums am Montag.
SPD lehnt geplante Kürzung ab
Die SPD äußerte sich mit Verweis auf die angespannte Haushaltslage weiterhin skeptisch zu jeglichen Steuersenkungen. „Anstelle von Absenkungen des Einkommensteuertarifes jetzt auf Veränderungen beim Solidaritätszuschlag zu setzen, macht das Ganze nicht zu einer Billiglösung für den Staat“, erklärte SPD-Vizefraktionschef Joachim Poß. Die Steuersenkung koste viel Geld, das an anderer Stelle dringend gebraucht würde.
Auch von den Grünen kam Kritik. „Ich finde Steuersenkungen in der jetzigen Lage gespenstisch“, sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zu „Spiegel Online“. Das Vorhaben sei ein „Ausbund an Unseriosität und untergräbt massiv das Vertrauen in Politik.“ Eine Mehrheit im Bundesrat für Steuersenkungen schloss Kretschmann aus. Die Linkspartei bezeichnete die Steuerpläne als „Mogelpackung“. Kleinverdiener würden durch eine Absenkung des „Soli“ kaum etwas haben, kritisierte die Linken-Finanzpolitikerin Barbara Höll.