Kiel. Die frühere Bundesvorsitzende der Grünen, Angelika Beer, tritt unmittelbar vor dem Bundestagswahlkampf aus der Partei aus. Als Grund gab sie an, dass es den deutschen Grünen «nur noch um das Erringen von Macht» gehe. Sie bleibe aber "grün - wenn auch ohne Parteibuch".
Die Grünen-Europaabgeordnete und ehemalige Bundesvorsitzende Angelika Beer tritt nach 30 Jahren Mitgliedschaft aus ihrer Partei aus. Das teilte die 51 Jahre alte Politikerin am Samstag auf dem Landesparteitag der schleswig-holsteinischen Grünen in Kiel mit. Beer gehört zu den Gründungsmitgliedern der Partei. Parteifreunde aus dem Landesverband Schleswig-Holstein reagierten «sehr überrascht» und teils «verärgert» auf Beers Erklärung.
Von der Partei entfernt
In einer persönlichen Erklärung schrieb Beer, ihre Entscheidung habe «viele persönliche, aber natürlich auch politische» Gründe. «Ich habe mich von der deutschen Partei, zumindest von der Spitze im Bund, aber auch von der Flügelarithmetik von Realos und Linken, während meiner Zeit in Europa entfernt.»
Hintergrund für ihren Rückzug ist offenbar eine Niederlage Beers im Kampf um einen guten Listenplatz für die Europawahl am 7. Juni, wie die Nachrichtenagentur ddp aus Parteikreisen erfuhr. Beer habe ihr Engagement für die Grünen in Brüssel in einer weiteren Legislaturperiode fortsetzen wollen, habe auf dem Dortmunder Europaparteitag im Januar dafür aber keinen Listenplatz bekommen. Auch hätten wohl persönliche Enttäuschungen eine Rolle gespielt, hieß es.
"Bleibe grün"
Beer sagte, ihrem Rechenschaftsbericht könne man entnehmen, dass von den Grünen «sehr wohl» außen- und sicherheitspolitische Erfolge in Europa durchgesetzt seien worden. Vieles sei angestoßen, aber noch nicht am Ziel. Deshalb sei sie auf dem Dortmunder Europaparteitag für eine zweite Legislaturperiode im EU-Parlament angetreten - «eben, weil ich nicht auf halbem Wege stehenbleiben wollte», erläuterte Beer. Der Parteitag habe aber anders entschieden. «Und seitdem ist mir immer klarer geworden, dass auch ich eine Entscheidung treffen muss», sagte Beer.
Die gebürtige Kielerin fügte hinzu, dass sie «ein politischer Mensch» bleibe. «Und natürlich bleibe ich grün - wenn auch ohne Parteibuch», betonte sie.
Beer ist seit 2004 Mitglied des Europäischen Parlaments. Von 2002 bis 2004 war sie Bundesvorsitzende der Grünen. Zuvor war saß sie über 15 Jahre im Bundestag, unter anderem als verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. (ddp)