Berlin..

Die Koalition geht von einer eigenen Mehrheit aus. Eine Kanzlermehrheit sei aber kein Muss, heißt es. Die Spitzen der Unions-Fraktion bemühen sich um Geschlossenheit in den eigenen Reihen. Zwei Abgeordnete haben bereits ihr Nein angekündigt.

Regierungs- und Oppositionsfraktionen haben sich auf einen gemeinsamen Antragstext für die Abstimmung über den Euro-Krisenfonds EFSF geeinigt. Das verlautete am übereinstimmend aus Fraktionskreisen in Berlin. Damit dürfte eine breite Mehrheit bei der Abstimmung am Mittwoch im Bundestag gesichert sein.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hatte noch kurz zuvor die Zustimmung seiner Fraktion (SPD) von der Vorlage eines "vernünftigen Text" des Entschließungsantrags abhängig gemacht. Endgültig entscheiden wolle die SPD über ihr Abstimmungsverhalten bei der Entscheidung über den Euro-Krisenfonds EFSF am Mittwoch im Bundestag erst in einer erneuten Fraktionssitzung am Mittwochmorgen vor der Debatte. Bei dem Votum geht es um die Ausgestaltung des Krisenfonds EFSF, der mittels so genannter Hebelmechanismen zusätzliches Geld zur Rettung kriselnder Euro-Staaten mobilisieren können soll.

Rösler glaubt an eigene Mehrheit

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler glaubt an eine schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag bei der Abstimmung über die umstrittene Ausweitung des Euro-Rettungsschirms EFSF. „Wir werden eine eigene Mehrheit bekommen“, sagte der FDP-Vorsitzende am Dienstag, einen Tag vor der Entscheidung im Parlament, in Berlin.

Auch FDP-Generalsekretär Christian Lindner rechnet mit einer Mehrheit der Koalition. „Die diskutierten Instrumente sind akzeptabel“, sagte Lindner am Dienstag. Ziel der EFSF-Ertüchtigung sei, „dass die Finanzmärkte beruhigt werden“ und „dass wir unsere gemeinsame Währung, den Euro, stabilisieren können“. Die Bundesregierung sei überzeugt, dass dieses Ziel erreicht werden könne, so Rösler.

Skeptiker in der SPD

Das Abstimmungsverhalten der SPD über die Wirkungsmechanismen des Euro-Rettungsschirm EFSF bleibt weiter offen. SPD-Haushaltspolitiker Carsten Schneider sagte am Dienstag dem Nachrichtensender N24, sein Abstimmungsverhalten hänge „davon ab, ob ich das für eine überzeugende Variante halte und ob ich die Risiken, die damit einhergehen, für vertretbar halte“. Auch dürfe das Risiko, dass Deutschland Geld verliere, nicht steigen. Er sei skeptisch, könne aber noch keine abschließende Entscheidung treffen. „Ich muss noch ein paar Experten anhören. Dazu werden wir eine Haushaltsausschusssitzung haben“, sagte Schneider weiter.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, beklagte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, Merkel streite mit den europäischen Partnern über die Ausgestaltung des Euro-Rettungsschirms und sei außen- und innenpolitisch nicht einmal mehr in Grundzügen zu einem planvollen Vorgehen in der Lage.

Kanzlermehrheit ist kein Muss

Die Spitze der Unions-Fraktion bemüht sich um Geschlossenheit in den eigenen Reihen. Gleichzeitig versuchte sie am Dienstag, die Erwartungen an eine Kanzlermehrheit zu dämpfen. Die CDU-Abgeordneten Wolfgang Bosbach und Klaus-Peter Willsch kündigten bereits an, mit Nein zu stimmen.

„Eine Kanzlermehrheit ist nicht zwingend notwendig. Wir brauchen eine Mehrheit im Deutschen Bundestag“, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Sie rechne mit einer eigenen Mehrheit der Regierung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) werde auf keinen Fall geschwächt nach Brüssel fahren. Hasselfeldt machte erneut deutlich, dass die bisher geltende Haftungssumme für Deutschland von 211 Milliarden Euro nicht überschritten werden dürfe.

Zwei Abweichler sicher

Auch Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU) geht davon aus, dass die Regierung eine eigene Mehrheit erhalten wird. Der CDU-Politiker forderte die Opposition dennoch auf, sich „über Parteigrenzen hinweg zu positionieren“ und die Entscheidungen der Regierung mitzutragen. Altmaier bezeichnete weiter die Plenarbefassung des Bundestags als wichtig für die „politische Kultur“. Die Koalition habe am Montag darüber befunden, dass es sinnvoll sei, eine Debatte über den Ort der parlamentarischen Entscheidung - Haushaltsausschuss oder Plenum - gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Die CDU-Abgeordneten Bosbach und Willsch hatten bereits Ende September gegen die Erweiterung des Rettungsschirms auf 440 Milliarden Euro gestimmt. Bosbach sagte nun der „Rheinischen Post“: „Ich werde wieder mit Nein stimmen, denn alle diese Maßnahmen helfen nicht, das Problem auf Dauer zu lösen.“ Der CDU-Politiker forderte Griechenland zum Austritt aus der Eurozone auf.

CDU-Haushaltsexperte Klaus-Peter Willsch sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, er werde nicht zustimmen. „Es wird versucht, die übermäßige Verschuldung mit immer mehr Schulden zu bekämpfen. Das funktioniert nicht.“ Auch der CDU-Abgeordnete Patrick Sensburg sagte dem Blatt: „Die Unterlagen, die wir bisher gekriegt haben, die sind mau. Ich würde mir wünschen, dass wir dieses Riesen-Konvolut von Papieren so zeitig hätten, dass wir es dann auch studieren könnten.“

Chaotisches Krisenmanagement

Der FDP-“Euro-Rebell“ Frank Schäffler kritisierte ebenfalls die bevorstehende Abstimmung. Man wolle jetzt Italien an den Tropf hängen, deshalb werde am Mittwoch abgestimmt, sagte der FDP-Politiker am Dienstag im ARD-“Morgenmagazin“.

Die Koalition hatte sich erst am Montag für eine Abstimmung im Plenum des Bundestages und nicht nur im Haushaltsausschuss ausgesprochen, nachdem sie noch am Freitag entsprechende Vorstöße der Opposition zurückgewiesen hatte. SPD und Grüne warfen ihr deshalb ein chaotisches Krisenmanagement vor. (dapd)