Unna. . Schließt auch der letzte Bundeswehr-Standort im Ruhrgebiet? Nicht nur die Truppe ist beunruhigt. Am 26. Oktober will Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) erklären, welche Kaserne geschlossen wird.
Der Name der Glückauf-Kaserne erinnert an die lange Geschichte des Bergbaus, der Unna, gelegen am östlichen Rand des Ruhrgebiets, geprägt hat. Aber so wie die Zechen der Region nach und nach schließen mussten, könnte bald wieder ein traditionsreicher Arbeitgeber aus der Stadt verschwinden.
In knapp zwei Wochen, am 26. Oktober, will Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) erklären, welche Standorte im Rahmen der Bundeswehrreform geschlossen werden. Sollte es Unna treffen, wäre die letzte Kaserne des Ruhrgebiets Vergangenheit. „So langsam macht sich in der Truppe Unruhe bemerkbar“, sagt Hauptmann Thorsten Roche. Der ein oder andere der Soldaten habe bereits einen Versetzungsantrag gestellt – freilich ohne zu wissen, ob sein Wunschstandort nicht auch auf der Streichliste steht.
Heimat für Soldaten
Seit ihrer Gründung im Mai 1955 war Unna Heimat für die Bundeswehr. Jetzt wollen Bürgermeister, Lokalpolitiker und Bundestagsabgeordnete aus der Region dafür sorgen, dass das auch so bleibt. Schließlich musste man 1998 bereits die Schließung der Hellweg-Kaserne hinnehmen. In einem Brief an den Verteidigungsminister argumentieren sie vor allem mit dem Standortvorteil Unnas bei der Nachwuchsgewinnung.
„Die Bundeswehr ist nach dem Wegfall der Wehrpflicht auf Freiwillige angewiesen. Da wäre es doch falsch, den letzten Anlaufpunkt für potenzielle Soldaten im Ballungsraum Ruhrgebiet zu schließen“, sagte SPD-Bundestagsabgeordnete Oliver Kaczmarek. Zudem sei die Kaserne auch ein wichtiger Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor.
Neben den rund 1300 Soldaten gibt es noch 162 zivile Angestellte, zum Beispiel in der Instandsetzung. Etwa 70 Prozent leben in Unna und den umliegenden Städten – und geben dort auch Geld aus. Acht Millionen Euro im Jahr, so haben Stadt und Soldaten berechnet, einzelhandelsrelevante Kaufkraft gingen verloren. „Eine Schließung der Glückauf-Kaserne hätte ernsthafte Folgen für unsere vom wirtschaftlichen Strukturwandel geprägte Region“, heißt es in dem Schreiben.
Lösung für Härtefälle
Dann wäre auch das Burger-Dreieck an der Abfahrt der A1 betroffen. Etwa einen Kilometer von der Kaserne entfernt, verschwinden hier täglich viele Soldaten zwischen Burger King, McDonald’s und Connie’s Diner – und tauchen nach ihrer Mahlzeit wieder auf.
„Es wäre schon schade, wenn diese Gäste wegblieben“, so eine Bedienung, die gerade zwei mächtige Steaks in eine Sitzecke des amerikanischen Restaurants bringt. Einen Tisch weiter sitzen sechs Soldaten und diskutieren über ihre persönlichen Folgen, die die Schließung hätte. Für einen Stabsfeldwebel wäre die Versetzung eine mittlere Katastrophe. Sein Haus, zwei Kinder und ein pflegebedürftiger Vater binden ihn an den Standort.
Für solche Härtefälle hat die Bundeswehr bisher immer Lösungen gefunden, aber das Argument Wirtschaftsfaktor kennt Verteidigungsminister Thomas de Maizère auch aus vielen anderen Regionen Deutschlands. Davon werde er seine Entscheidung deshalb nicht abhängig machen. Jedoch, heißt es aus Kreisen seines Ministeriums, könne man davon ausgehen, dass dort, wo bereits eine hohe Personalstärke vorhanden ist, auch das Streichpotenzial am größten sei. Dass die Rheinschiene zwischen Köln und Koblenz Standorte abgeben muss, gilt als sehr wahrscheinlich. Für Unna bedeutet dies im Umkehrschluss nicht, von einer Schließung verschont zu bleiben.
Noch Hoffnung
Unna hat in der Vergangenheit zwei große Flächen umwidmen müssen. Zehn Jahre dauerte es, bis auf dem Gelände der 1998 geschlossenen Hellweg-Kaserne ein Wohnpark entstanden ist. Als 2009 die Landesstelle Massen schloss, fand sich schnell eine neue Verwendung. Eine Hochschule für Sport, Gesundheit und Management eröffnet zum Wintersemester. Das 575 Hektar große Areal der Glückauf Kaserne wäre das dritte große Areal binnen 13 Jahren, für das sich Unna etwas einfallen lassen müsste. Ein Standort für Logistikunternehmen wäre angesichts der Nähe zu A 1 und A 2 eine Option. Doch damit will man sich im Rathaus noch nicht beschäftigen. „Wir haben viel Geld in die Gebäudesanierung investiert und sind von der Kaserne überzeugt“, so Oliver Böer, Referent des Bürgermeisters.
Noch hoffen also die Soldaten und auch die Bevölkerung. In Unna wurden über 4000 Unterschriften für den Erhalt des Standorts gesammelt. Im benachbarten Kamen, das eine Patenschaft für das 7. Logistikbataillon übernommen hat, haben vor wenigen Tagen etwa tausend Menschen 400 Afghanistan-Heimkehrer der Glückauf Kaserne begrüßt. Ob die nächste militärische Zeremonie auf dem Marktplatz der Stadt ein großer Zapfenstreich sein wird, entscheidet sich am 26. Oktober.