Berlin. . Angela Merkel kann aufatmen: Der Bundestag hat der Erweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF mit der sogenannten Kanzlermehrheit zugestimmt. Die Kanzlerin ist nicht am Limit, noch nicht.

Berlin. Sie lächelt, scherzt mit ihrem Sitznachbarn, winkt dem FDP-Fraktionschef aufmunternd zu, und zwischendurch wandelt Angela Merkel durch die Reihen der Christdemokraten. Wer die Kanzlerin beobachtet, ahnt früh am Morgen, was Stunden später im Bundestag zur Gewissheit wird: Alles unter Kontrolle. Das Parlament gibt 211 Milliarden Euro frei; den deutsche Anteil, um den Euro-Rettungsschirm EFSF aufzustocken. Merkels eigene Mehrheit ist ebenso wenig in Gefahr. Die Kanzlerin ist nicht am Limit, noch nicht.

„Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen“, gibt Peter Altmaier zu. Gerade erfuhr er das Ergebnis. 523 Abgeordnete stimmten zu, 85 dagegen, drei enthielten sich. Den Unions-Fraktionsmanager erfreut es vor allem, dass seine Koalition die Kanzlermehrheit stemmte. Bei 311 Stimmen liegt die absolute Mehrheit im Hohen Haus. 315 Abgeordnete von Union und FDP sagten „Ja“ zu EFSF. 13 Parlamentarier, zehn aus der Union und drei aus den Reihen der Liberalen, stimmten mit Nein und je einer aus jeder Fraktion enthielt sich. 15 Leute, die vom Kurs der Kanzlerin nicht überzeugt sind. 15 Abweichler.

Die Koalition kann es sich leisten, großherzig mit den Neinsagern umzugehen. Zwei von ihnen, Frank Schäffler von der FDP und CDU-Mann Hans-Peter Willsch, dürfen in die Bütt gehen und ihre Bedenken erklären. Die Initiative ging auf Initiative von Bundestags-Präsident Norbert Lammert (CDU) zurück, der dafür in den eigenen Reihen kritisiert wird. Für Willsch hat sich die Politik auf eine „schiefe Ebene“ begeben. Mit dem Rettungsschirm von 440 Milliarden Euro habe man nur Zeit gewonnen. FDP-Mann Schäffler erinnert daran, dass die EU-Verträge vorsahen, dass kein Staat für die Schulden eines anderen aufkommt. Den Regierungschefs im Euroraum wirft er „kollektiven Rechtsbruch“ vor. Starker Tobak.

Was man gerade erlebe, „greift auch das bürgerlich liberale Selbstverständnis von Haftung und Risiko, Belohnung und Bestrafen, von Gemeinwohl- Verpflichtung und Eigentum, Maß und Mitte an“, meint Peer Steinbrück, Hauptredner der SPD. „Das sind ihre Wähler“, ruft er, „vielleicht waren es ihre Wähler“, fügt er maliziös hinzu.

Schäuble grollt

Der Ex-Finanzminister glaubt, „dass wir bei Griechenland am Schuldenschnitt unter Einbeziehung der Gläubiger nicht vorbei kommen.“ Es gehe nicht um das Ob. Nur noch um das Wie und Wann.

Sein Nachfolger, der CDU-Mann Wolfgang Schäuble, erwischt nicht gerade seinen besten Tag. Missmutig folgt er der Debatte. Demonstrativ beschäftigt er sich mit seinem I-Pad, als Carsten Schneider das Wort ergreift. Schäuble straft den SPD-Mann mit Nichtbeachtung. Schneider hat Zweifel gesät, ob EFSF nicht noch teuer wird. Aus Brüssel gibt es entsprechende Hinweise. Die Fachleute diskutieren über „Hebel“, um mit EFSF mehr Geld zu bewegen. Und darauf angesprochen, fällt die Antwort Schäubles lau aus. Er beteuert, über die „Guideline“ werde noch verhandelt. Auf Deutsch: Die Geschäftsbedingungen sind noch unklar. Im übrigen werde nichts ohne die Zustimmung des Bundestages getan. Ein hartes Dementi klingt anders. Genauer gesagt, würde man nicht das Parlament befragen, sondern den Haushaltsausschuss, nicht alle Volksvertreter, sondern nur eine Expertengruppe. Den Verdacht, dass nicht der letzte Scheck ausgestellt wurde, hegt nicht nur die Opposition. CSU-Chef Horst Seehofer sitzt zwar nicht im Bundestag, war aber in aller Munde. In München hatte er klargemacht: „Bis hierhin und nicht weiter.“ Merkel bewegt sich doch hart am (politischen) Limit.