Berlin. . Morgen spricht Peer Steinbrück im Bundestag. Eine weitere Etappe auf dem Weg zum Kanzlerkandidaten. Dass der 64-jährige Kanzler werden will, bezweifelt in der SPD niemand mehr.

Es wird ein entscheidender Auftritt werden für Peer Steinbrück, so viel ist sicher. Wenn der Ex-Minister morgen im Bundestag für die SPD die Hauptrede hält vor der Abstimmung über die weitere Euro-Rettung, soll er nicht nur das Krisenmanagement der Regierung geißeln. Steinbrück muss auch in eigener Sache überzeugen: Entscheidet er im Plenum das Rededuell mit der Regierung für sich, hätte er auf dem Weg zum SPD-Kanzlerkandidaten eine weitere Etappe absolviert.

Offiziell steht Steinbrück zwar in einer Reihe mit Parteichef Sigmar Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, die ebenfalls als potenzielle Kanzlerkandidaten gelten. Doch das Bemühen der Partei, dem Genossen ohne besonderes Amt eine Bühne zu bieten, auch Steinbrücks eigene, selbstbewusste Auftritte sprechen Bände: Er ist derzeit der Favorit als Merkel-Herausforderer. „Braucht die SPD kurzfristig einen Kanzlerkandidaten, weil es zu vorgezogenen Neuwahlen kommt, ist Steinbrück die erste Wahl“, heißt es in Parteikreisen. Dass der 64-Jährige will, daran zweifelt in der SPD niemand mehr. Selbstbewusst erklärte Steinbrück seine aktuelle Popularität diese Woche mit der Bemerkung, die Bürger sehnten sich nach „Verlässlichkeit, Gradlinigkeit, Seriosität und Erfahrung“. Ende Oktober beginnt eine regelrechte „Steinbrück-Show“: Dann erscheint das Buch „Zug um Zug“, das er gemeinsam mit Altkanzler Helmut Schmidt herausgibt. Die literarisch-politische Kooperation mit Welterklärer und SPD-Ikone Schmidt ist ein Ritterschlag für Steinbrück, geplant sind Lesungen und Fernsehauftritte.

Sechs Wochen später folgt der nächste Aufschlag: Steinbrück hält, obwohl ohne jede Funktion, die Abschlussrede auf dem SPD-Parteitag Anfang Dezember. Zwar werden auch hier Gabriel und Steinmeier an den Tagen zuvor gesprochen haben, doch die Regie ist klar: Steinbrück soll zeigen, dass er sich einordnen kann in der SPD, und damit interne Zweifel ausräumen. Erst vor wenigen Tagen hatten sich ja Frontleute des linken Flügels kritisch über eine mögliche Kandidatur Steinbrücks geäußert, vor einer „Spaltung“ der Partei gewarnt.

Kritik vom linken Flügel

Seine Neigung, öffentlich Distanz zu zeigen zum Parteibetrieb, bringt nicht nur den linken Flügel auf – auch für den Wahlkampf wäre es riskant, sagen Strategen in der Parteizentrale. Ob Steinbrück dauerhaft seiner Partei entgegenkommt, ist eine zentrale Frage: Wird der Bundestag tatsächlich erst 2013 gewählt, steht die Kandidatenkür für die SPD auf anderer Grundlage. Dann wird der Kandidat erst Ende 2012 ausgerufen. Gabriel hat als Parteichef das erste Zugriffsrecht, doch signalisiert er, dass er den aussichtsreichsten Kandidaten vorschlagen wird – das ist er selbst angesichts mittelmäßiger Umfragewerte derzeit nicht.

Gabriel ist aber daran gelegen, die Fäden in der Hand zu behalten: Je später die Entscheidung fällt, desto länger währt sein Einfluss – und desto ausgiebiger kann die Parteispitze mit der Kandidatendebatte öffentliche Aufmerksamkeit für die SPD organisieren. Viel hängt von der politischen Großwetterlage ab: Steinbrück wäre der beste Kandidat, wenn die Finanzkrise das zentrale Thema bleibt.

Für Steinmeier spräche andererseits, dass er unabhängig von der Themenkonjunktur anhaltend hohes Vertrauen bei den Bürgern genießt. Anders als Steinbrück wird er in der SPD als Mann der Mitte wahrgenommen, mit dem auch die Parteilinke leben kann. Inzwischen gilt als sicher, dass auch Steinmeier gern wieder antreten würde. Auch Gabriel hält sich eine Kandidatur offen.