Das System bröckelt

„Der 25. September 2011 wird in die Geschichte eingehen“, jubelte Jean-Pierre Bel, der Vorsitzende der PS-Fraktion. Die Linke bejubelt einen Sieg, der sich abgezeichnet hatte. Die Senatoren werden nämlich nicht unmittelbar vom Volk gewählt, sondern indirekt von den „grands électeurs“, einem 150 000 Delegierte umfassenden Wahlkollegium aus Mitgliedern der Kommunal-, Kantonal- und Regionalräte. Da die Sozialisten in den Städten und Regionen seit 2007 alle Wahlen gewonnen und zum Teil stark zugelegt haben, lag ein Machtwechsel in der Luft.

François Hollande, aussichtsreichster Präsidentschaftskandidat der Sozialisten, kostet den Sieg aus: „Sarkozy weiß, dass er am Ende ist.“ Zwar versuchen die Gefolgsleute des Präsidenten die Niederlage kleinzureden, indem sie die Stimmungslage in den Städten und Dörfern als Ursache anführen. Doch auch für den prominenten Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit ist Sarkozy der Hauptverantwortliche. Die „Dissidentenlisten“ im bürgerlichen Lager, die sich aus unzufriedenen Abtrünnigen der Präsidentenpartei UMP speisten, seien ein Indiz dafür, dass Sarkozy sein Lager nicht mehr im Griff habe. „Deshalb ist die Niederlage ein Symptom dafür, dass das System Sarkozy bröckelt“, sagte Cohn-Bendit der WAZ.

Der Präsident, der sich noch vor wenigen Tagen als Befreier von Libyen feiern ließ, weht daheim ein scharfer Wind ins Gesicht. Nicht nur die steigende Arbeitslosigkeit und die drückende Schuldenlast des Staates machen ihm zu schaffen. Vor wenigen Tagen wurden zwei seiner engsten Vertrauten festgenommen, weil sie verdächtigt werden, in Schmiergeldaffären und illegale Wahlkampfspenden verstrickt zu sein. Bei so viel Sand im Getriebe titelt die Zeitung „Le Parisien“ treffend: „Sarkozys schwarze Serie.“

Der französische Senat verfügt nicht über die Machtfülle des deutschen Bundesrats. Der Senat kann Gesetze nicht blockieren, sondern nur verzögern. Nur bei Verfassungsänderungen im Kongress muss die zweite Kammer mitziehen. Pikant deshalb: Die soeben vollmundig angekündigte Schuldenbremse kann Nicolas Sarkozy nun abschreiben.