Athen. .
Geschlossene Rollgitter vor den Eingängen der Athener U-Bahn-Stationen, menschenleere Bahnhöfe, geschlossene Schulen, Chaos auf den griechischen Flughäfen: Mit Streiks und Protestversammlungen haben griechische Gewerkschaften gestern auf die neuen, drakonischen Sparmaßnahmen reagiert, die am Abend zuvor von der Regierung nach einer siebenstündigen Marathonsitzung des Kabinetts angekündigt worden waren.
Die öffentlichen Verkehrsmittel standen still. Weil auch die Taxibesitzer streikten, konnten Zehntausende Griechen nicht zur Arbeit fahren. Viele versuchten es mit dem eigenen Auto, steckten aber stundenlang in endlosen Staus.
Chaotische Verhältnisse herrschten auf den griechischen Flughäfen, weil wegen einer vierstündigen Arbeitsniederlegung der Fluglotsen Hunderte Flüge storniert oder verlegt wurden. Am Sonntag wollen die Lotsen sogar für 24 Stunden den Luftverkehr in Griechenland lahmlegen.
Weniger Renten
Das Sparprogramm umfasst Renten- und Gehaltskürzungen sowie höhere Einkommenssteuern: Der erst kürzlich von 12 000 auf 8000 Euro gesenkte Grundfreibetrag wird nun auf 5000 Euro gestutzt. Dadurch verringern sich beispielsweise die Bezüge eines Rentners, der bisher 750 Euro im Monat bekam, auf 717 Euro.
30 000 Staatsdiener werden freigestellt und erhalten ein Jahr lang nur noch 60 Prozent ihres Gehalts. Danach werden sie voraussichtlich in die Arbeitslosigkeit entlassen.
Böse Überraschung
Das ist eine böse Überraschung für die Betroffenen, denn bisher wähnten sich Staatsbedienstete in Griechenland unkündbar. Und vielleicht ist das erst der Anfang: Finanzminister Evangelos Venizelos deutete bereits an, dass womöglich weitere Einschnitte nötig werden, um das Land vor dem drohenden Zusammenbruch zu bewahren – Maßnahmen, „die schmerzhaft sein werden“, wie der Minister ankündigte.
Venizelos reist am Wochenende zu einem Blitzbesuch nach Washington, wo er mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, über die Freigabe der nächsten Hilfskredite verhandeln will. Es geht um acht Milliarden Euro. Bleibt das Geld aus, droht Griechenland bereits in etwa vier Wochen die Insolvenz.
Heißer Herbst
In der Öffentlichkeit kommen die Pläne äußerst schlecht an. „Gnadenlos“ sei das neue Sparpaket, schreibt etwa die Zeitung „Eleftheros Typos“. Die Gewerkschaften fordern eine Abkehr vom Sparkurs. Für Oktober haben sie bereits zwei Generalstreiks angekündigt. Es dürfte nicht bei Arbeitsniederlegungen bleiben. Die gestrigen Streiks verliefen zwar ohne ernste Zwischenfälle. Viele Beobachter fürchten aber einen „heißen Herbst“.
Bereits im Frühsommer gab es in Athen während verschiedener Protestkundgebungen schwere Ausschreitungen. Hunderte Menschen wurden dabei verletzt.
Stimmungsmache
Nun heizen linke Oppositionspolitiker das Klima weiter an. Die Generalsekretärin der altstalinistischen Kommunistischen Partei Griechenlands, Aleka Papariga, rief ihre Anhänger auf, „der Regierung das Leben zur Hölle zu machen“. Auf die „Kriegserklärung“ der Regierung müsse das Volk „mit Krieg antworten“. Die Linksallianz Syriza rief die Bürger auf, die Zahlung der neuen Abgaben zu verweigern.