Düsseldorf..

Die Kaffeesatzleser haben wieder ihr liebstes Thema: Neuwahlen. Vor dem Landesparteitag der SPD in Mülheim schleichen sich in Düsseldorf erneut Spekulationen über einen vorgezogenen Urnengang ein.

Die radikalisierte Tonlage der Linken, die angeblich nicht mehr den Mehrheitsbeschaffer für die NRW-Koalition geben will, und die Chancen auf ein dickeres rot-grünes Mandatspolster beflügeln die Debatte. Doch wahrscheinlicher werden Neuwahlen deshalb nicht.

Die Ministerpräsidentin will dem Thema in ihrer Rede am Samstag nicht viel Raum geben. Dabei findet Hannelore Kraft, die noch im Frühjahr nach der Haushalts-Schlappe vor dem Verfassungsgericht die Grünen gebremst hatte, inzwischen offenbar selbst Gefallen an Neuwahlen. „Solange wir handlungsfähig sind, regieren wir erst mal weiter“, sagte sie nach dem Berliner Wahlsieg der SPD. Krafts frühere Durchhalteparolen hörten sich anders an.

Bis 2015 fraglich

Tatsächlich geht in der Staatskanzlei niemand mehr davon aus, dass die Minderheitsregierung bis 2015 durchzieht. Neuwahlen vor der Bundestagswahl 2013, spätestens im kommenden Jahr und begünstigt durch das rot-grüne Stimmungshoch, erscheinen manchem Genossen reizvoll. Wie sie dem Wähler zu vermitteln wären, ist eine andere Frage. Und jede Exit-Strategie schließt das Problem ein, dafür im Landtag eine Stimmenmehrheit zu organisieren.

Intern haben SPD und Grüne drei Sollbruchstellen definiert: Den Haushalt mit der geplanten Verabschiedung vor Ostern, weitere WestLB-Hilfen und den Stärkungspakt für die Kommunen, der noch 2011 beschlossen werden soll. Dabei fällt auf, dass die Koalition weniger auf die Linke schielt. Deren „interne Befindlichkeit“ sei kein Maßstab für Rot-Grün, heißt es, und Grünen-Fraktionschef Reiner Priggen ätzt, die Linke sei mit überzogenen finanziellen Forderungen auf dem Weg zu einer „ultra-orthodoxen Selbstfindungstruppe“.

Schrumpfende FDP

Doch während die Linke die erste Tranche von 350 Millionen Euro für arme Kommunen ablehnen will und die CDU pokert, könnte ausgerechnet die FDP mitziehen. Man werde „genau prüfen“, ob der rot-grüne Stärkungspakt „zielführend“ ist, zeigt sich Kommunalexperte Horst Engel verblüffend offen. Liberale Absagen klingen anders. Als feste Größe gilt jedenfalls weiter, dass die schrumpfende FDP kein Interesse an Neuwahlen haben kann.

Sollte aber Schwarz-Gelb in Berlin vorzeitig auseinanderbrechen, geriete die Koalition sogar unter Zeitdruck. Denn nach aller Erfahrung wäre bei einer möglichen rot-grünen Bundesregierung ihre Umfragemehrheit in NRW schnell dahin – und damit die Aussicht auf Wiederwahl.